Interview: Jacopo Mingazzini

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Milieuschutzgebiete – was ist schlecht an einer aktiven Wohnungspolitik in Berlin?

Milieuschutzgebiete gehen in Berlin mit Abwendungsvereinbarungen, einer sog. Umwandlungsverbotsverordnung und einer bürokratischen und restriktiven Genehmigungspraxis einher.
Besonders die Praxis, Modernisierungsgenehmigungen nur dann zu erteilen, wenn der Investor auf Modernisierungsmieterhöhungen ganz oder teilweise verzichtet, wird zu einem weitgehenden Investitionsstopp führen.

Auch der Umstand, dass sich Investoren, zur Abwendung des Vorkaufsrechts, mittlerweile 20 Jahre verpflichten müssen nicht nach WEG zu teilen, ist nicht gerade ein Konjunkturprogramm
Dies alles wird dazu führen, dass Milieuschutzgebiete langsam verfallen werden – in Kreuzberg steht schon die Mehrzahl der Wohnungen in Milieuschutzgebieten.
Hinzu kommt, dass die Umwandlungsverbote dazu führen werden, dass kaum ein Mieter in der Lage sein wird Wohneigentum im angestammten Kiez zu erwerben. Kaufwillige, langfristig orientierte Bewohner werden verdrängt.
Milieuschutz ist Teil des Städtebaurechts. Der Gesetzgeber hatte sicher nicht intendiert, dass das flächendeckend zum Zweck eines falsch verstandenen Mieterschutzes missbraucht wird.

Warum schadet das den Mietern?

Auch Mieter können kein Interesse am schleichenden Niedergang ihrer Quartiere haben. Mieter sind in Deutschland – auch außerhalb von Milieuschutzgebieten umfassend geschützt: Mietpreisbremse bei Neuvermietungen, Kappungsgrenzen bei Mieterhöhungen, 10-jährige Kündigungssperrfristen bei Umwandlungen. Ein zusätzlicher Schutz ist völlig unnötig.
Wer besser geschützt werden sollte, sind die Zuzügler. Die Zahl der Neuhaushalte übersteigt seit Jahren dramatisch die Zahl der fertig gestellten Wohnungen, ohne dass die Politik angemessen darauf reagiert. Jetzt haben wir auch noch zwei Jahre hintereinander sinkende Baugenehmigungszahlen gesehen. Eine Ungeheuerlichkeit in dieser Marktsituation.

Warum ist es nicht sinnvoll, gegen Spekulation vorzugehen?

Von interessierter politischer Seite wird jeder gerne „Spekulant“ genannt, der mit Gewinnerzielungsabsicht am Immobilienmarkt tätig wird, daher sollte man mit dem Begriff zurückhaltend umgehen.

Häufig wird die große Differenz zwischen genehmigten Neubauprojekten und jenen die sich in Bau befinden, oder fertig gestellt werden, mit „Spekulation“ erklärt. Ich kenne sehr viele Bauträger. Diese ziehen Ihre Projekte in der Regel schnellstmöglich durch, schließlich ist der IRR auch eine Funktion der Zeit. Aber natürlich gibt es ein natürliches Time-Lag zwischen Genehmigung und Baubeginn, gerade in Zeiten eines extrem angespannten Marktes für Bauleistungen.

Manchmal werden auch jene als Spekulanten bezeichnet die Grundstücke bis zur Baugenehmigung entwickeln und dann weiterverkaufen. Das würde die Grundstückspreise verteuern wird gesagt. Leider hört man solche Argumentationen auch von Fachleuten und Marktteilnehmern. Ich sehe das nicht so. Der Preis eines Grundstücks mit Baugenehmigung ergibt sich im Ausgleich von Angebot und Nachfrage und steht in keinerlei Zusammenhang mit der Zahl der Voreigentümer. Auch weigere ich mich Akteure, die nur eine Teilleistung des Entwicklungsprozesses leisten wollen oder können als Spekulanten zu bezeichnen. In anderen arbeitsteiligen Sektoren käme niemand auf die Idee jemandem deswegen abfällig zu begegnen.

Wie beurteilen Sie die generelle Wohnungspolitik in Berlin?

Ziel der Wohnungspolitik sollte aus meiner Sicht sein, ein wachsendes Berlin zu ermöglichen und bestmöglich zu gestalten.
Gemessen an einer solchen Zieldefinition ist die aktuelle Wohnungspolitik krachend gescheitert.
Das perfide ist, dass die Regierungskoalition damit nicht nur durchkommt, sondern sogar Nektar daraus zieht.
Die Berliner Politik schafft es, die Immobilienwirtschaft als Schuldige dieser Entwicklung darzustellen, ganz so, als seien nicht 300.000 neue Einwohner in den letzten 7 Jahren Ursache für steigende Mieten, sondern die maßlose Profitgier der Akteure. Das führt zu einem Überbietungswettbewerb in Sachen Bestandsmieterschutz in der Koalition. Enteignungs- und Mietendeckel-Diskussionen sind der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung.  Dreißig Jahre nach dem Fall der Mauer ist das gerade in Berlin schwer erträglich.

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