Das Problem mit dem Vorkaufsrecht

Magazin / Expertenbeiträge

Von Jacopo Mingazzini, Vorstand der Accentro Real Estate AG

Jacopo Mingazzini

Premiere in Berlin-Neukölln: Im Juni haben die Behörden dort zum ersten Mal ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Ein privater Investor wollte ein Wohnhaus im Reuterkiez erwerben, doch für den Milieuschutz ist der Bezirk dem Investor zuvorgekommen. Die Grünen in Neukölln feiern sich für diese Entscheidung selbst (der Neuköllner Baustadtrat ist von den Grünen) und verbreiten die von den Medien gern aufgenommene Meinung, die Mieter seien nun vor den Immobilienspekulanten sicher. Aber ist die Welt wirklich so schwarz-weiß?

 Investoren werden erpresst und verteufelt

In Milieuschutzgebieten wie dem Reuterkiez bekommen potenzielle Investoren von den Behörden regelmäßig sogenannte Abwendungsvereinbarungen vorgelegt. In diesen Vereinbarungen müssen Investoren zahlreiche Selbstbeschränkungen akzeptieren, etwa bezüglich Modernisierungen oder Umwandlungen. Tun sie das nicht, droht die Kommune, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Dies war auch der Fall bei dem angesprochenen Wohnhaus im Berliner Reuterkiez: Der Investor wollte die Abwendungsvereinbarungen nicht unterzeichnen, also machten die Behörden ihre Drohung wahr und nutzten das Vorkaufsrecht.

Dass manche Investoren die Abwendungsvereinbarungen nicht akzeptieren wollen, lässt sich leicht als Profitgier auslegen, dabei wollen sie sich oft schlicht und ergreifend nicht erpressen und verteufeln lassen. Denn um nichts anderes handelt es sich, gerade wenn sich die Behörden für die Abwendungsvereinbarung beziehungsweise das Ausüben des Vorkaufsrechtes im Anschluss medial feiern lassen.

 Wenn die Fassade bröckelt

Und das ist schade. Nicht nur für den Investor, sondern auch für die Mieter. Denn wo nicht investiert wird, da verfällt der Bestand. Da bröckelt die Fassade, da funktionieren die sanitären Anlagen nicht richtig, da geht wegen mangelnder Energieeffizienz viel Wärme verloren und der Stromverbrauch ist hoch, da müssen sich Senioren über Treppen in den fünften Stock schleppen. Das passiert, wenn Investoren ausbleiben oder sich nicht mehr um ihren Bestand kümmern.

Die Einschränkungen für Modernisierungen sind in Milieuschutzgebieten auch so schon äußerst umfassend, die von den Behörden vorgelegten Abwendungsvereinbarungen und das Drohpotenzial des Vorkaufsrechts verschärfen die Regulierungen noch zusätzlich. Die Behörden tun mittlerweile alles, um Investitionen in den Berliner Wohnvierteln zu verhindern. Das wird ihnen und den Berliner Bürgern irgendwann auf die Füße fallen.

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