Der Leerstands-Mythos

Magazin / Kolumnen

von Dr. Rainer Zitelmann

Gegen Investments am Berliner Wohnungsmarkt gibt es nach wie vor Vorbehalte – besonders bei institutionellen Investoren. Insbesondere wird immer wieder der angeblich hohe Leerstand am Wohnungsmarkt der Hauptstadt kritisch ins Feld geführt.
Die Fakten: Laut Techem-Empirica-Index beträgt der Leerstand am Berliner Wohnungsmarkt 4,2 Prozent. Nur 71.000 marktaktive Wohnungen stehen leer. Schaut man genauer hin, dann ergeben sich erhebliche Unterschiede zwischen den Bezirken. Das wird manchmal von Nicht-Berlinern vergessen: Die einzelnen Bezirke in Berlin sind so groß wie Großstädte in Deutschland. Allein in Pankow leben 363.250 Menschen, in Mitte 331.573, in Charlottenburg-Wilmersdorf 318.685. Die Zahlen über Gesamt-Berlin sagen also nur wenig aus.
In vielen Bezirken Berlins liegt der Leerstand deutlich unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 3,7 Prozent. So gibt es in Steglitz-Zehlendorf und in Treptow-Köpenick jeweils nur 2,4 Prozent Leerstand. In Frie-
drichshain-Kreuzberg stehen 2,8 Prozent der Wohnungen leer, in Reinickendorf 2,9 Prozent. Beunruhigend hoch ist der Leerstand lediglich im Berliner Plattenbaubezirk Marzahn-Hellersdorf (9,2 Prozent) sowie in Neukölln (6,1 Pro-
zent). Beide Bezirke sind bei Berlinern und auch bei Investoren nicht sehr beliebt. Ich persönlich habe mein bestes Investment dennoch gerade in Neukölln gemacht. Ein Haus mit 24 Einheiten ist zu 100 Prozent vermietet, davon zu 40 Prozent an studentische Wohngemeinschaften, die sich über die niedrige Miete (4,60 Euro) freuen.

Vergleicht man den Leerstand am Berliner Wohnungsmarkt mit den Leerstandszahlen der Bürometropolen, dann relativiert sich manches. Laut Berechnungen von DIP / Aengevelt Research lag der Leerstand bei Büroflächen in den beliebten Investmentmetropolen sehr viel höher als am Berliner Wohnungsmarkt: In Frankfurt standen 14,3 Prozent der Büroflächen leer, in Düsseldorf 10,3 Prozent, in München 9,7 Prozent, in Berlin 8,4 Prozent und in Köln 8,3 Prozent. Das sind genau die Städte, in die beispielsweise offene Immobilienfonds, welche Wohnimmobilien nach wie vor konsequent meiden, seit Jahrzehnten mit Begeisterung investieren. Der Erfolg ist zweifelhaft. Laut dem soeben von IPD veröffentlichten Deutschen Immobilien Index DIX lag der Total Return im Bürosegment im vergangenen Jahr bei nur zwei Prozent, was nur 1,1 Prozent mehr war als die Inflationsrate im Jahr 2009. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre erzielten Investoren am deutschen Büromarkt 2,6 Prozent und damit nur einen Prozentpunkt mehr als die durchschnittliche Inflationsrate in diesem Zeitraum. Bei Wohnimmobilien dagegen lag der Total Return laut IPD im vergangenen Jahr bei 5,3 Prozent und überstieg damit die Inflationsrate um 4,4 Prozentpunkte. Und auch über zehn Jahre kann sich das Ergebnis bei Wohnungen mit einem durchschnittlichen Total Return von 4,4 Prozent sehen lassen.
Und jetzt soll mir jemand erklären, warum beispielsweise offene Immobilienfonds, deren Ziel eine ausgewogene Risikostreuung sein soll, nicht einmal ein Prozent in Wohnungen, aber etwa zwei Drittel in Büroimmobilien investieren.
Der hohe Leerstand am Berliner Wohnungsmarkt war einmal. Inzwischen handelt es sich um einen Mythos. Von den 15 Büromärkten, die DIP / Aengevelt-Research beobachten, ist der Leerstand nur in einem einzigen Markt – und zwar in Bremen – geringfügig niedriger als der Leerstand von Wohnungen im Durchschnitt aller Berliner Bezirke!

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