Die falsche Frage: „Was soll ich mit dem Geld machen?“

Magazin / Kolumnen

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Warum nutzen nicht mehr Immobilieneigentümer das hohe Preisniveau, um sich von (einigen) Immobilien zu trennen? Ein Hauptargument lautet: „Wenn ich jetzt verkaufe, was soll ich dann mit dem Geld machen?“ Fehlende Anlagealternativen, um die durch einen Verkauf gewonnene Liquidität zu reinvestieren, sind wohl der Hauptgrund, warum viele Eigentümer die Chancen der hohen Preise nicht nutzen.

In der Tat: Anleihen mit hoher Bonität bringen (zumindest in Deutschland) nach wie vor keine Verzinsung, andere Assetklassen, wie etwa Aktien, sind ebenfalls aus Sicht mancher Anleger zu teuer. Und Immobilien? Wenn ich eine Immobilie verkaufe, weil das Preisniveau sehr hoch ist, dann ist eben auch der Kauf einer „Ersatzimmobilie“ in der Regel teuer. Sicherlich: Es gibt Ausnahmen, und wer sucht, findet vielleicht irgendwo die Nadel im Heuhaufen. Manche Investoren verkaufen beispielsweise in den Metropolen und investieren dafür in B- oder C-Städten. Das Preisniveau kommt ihnen dort niedrig vor, weil man beispielsweise statt dem 30-Fachen, das man in einer Metropole zahlt, dort das 20-Fache zahlt. Aber ist das günstig, wenn die gleiche Immobilie, die jetzt zum 20-Fachen angeboten wird, vor einigen Jahren noch zum Zehnfachen zu haben war? Das ist so ähnlich, wie zu sagen: Ich verkaufe den Mercedes und kaufe dann für das Geld einen Fiat, weil der billiger ist.

Natürlich ist der Multiplikator nicht das einzige Kriterium bei Investitionsentscheidungen: Mietsteigerungspotenziale werden oft als Argument angeführt, warum man im Bestand hohe Faktoren zahlt. Wenn die Mietpreisbremse verschärft wird und sich die Neuregelungen bei den Mietern zunehmend herumsprechen, werden sich manche Annahmen über Mietsteigerungspotenziale jedoch als unrealistisch erweisen. Prognoserechnungen, die davon ausgehen, dass die hohen Einkaufsfaktoren durch entsprechende Mietsteigerungen später reduziert werden, gehen in diesem Fall nicht auf.

Warum nicht einige Jahre „nichts“ tun?

Der gedankliche Fehler liegt in der unausgesprochenen Annahme, man müsse das durch einen Verkauf gewonnene Geld umgehend wieder reinvestieren. Für institutionelle Investoren mag das zutreffen, nicht jedoch für private Anleger. Diese haben das Privileg, auch einmal einige Jahre nichts tun zu können. Aber was heißt konkret „nichts“? Sie können das Geld auf einem Tagesgeldkonto parken (was ich allerdings bei sehr großen Beträgen nicht machen würde), oder – etwas teurer – in kurzlaufende Staatsanleihen investieren, um es zu parken. Freilich verlieren Sie damit Geld. Die Kombination von Negativzinsen und Inflation führt dazu, dass Sie vielleicht zwei bis drei Prozent pro Jahr verlieren. Das ist psychologisch für die meisten Menschen schwer zu verkraften, obwohl – historisch gesehen – die Situation, dass die Zinsen für hochqualitative Anleihen sehr nahe an oder sogar unterhalb der Inflationsrate liegen, gar nicht so ungewöhnlich ist, wie viele denken.

Es geht um die Alternativen: Wenn ich jetzt Übertreibungen am Immobilienmarkt nutze, um zu verkaufen und dann sofort wieder reinvestiere, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich damit Geld verliere, relativ hoch. Denn ich kaufe ja auf einem hohen Marktniveau ein, dazu kommen noch die Transaktionskosten, die gerade bei Immobilien erheblich sind. Um es vereinfacht zu sagen: Wenn ich jetzt zum 36-Fachen kaufe, dann verliere ich bei einer Marktkorrektur auf das 24-Fache ein Drittel, zuzüglich der Transaktionskosten. Das ist die schlechtere Alternative dazu, das Geld für einige Jahre zu parken und pro Jahr drei Prozent zu verlieren. Diese Rechnung geht freilich nur auf, wenn es in den kommenden Jahren zu einer erheblichen Korrektur kommt, die dann einen deutlich günstigeren Einstieg (beispielsweise zum 24-Fachen statt zum 36-Fachen) erlaubt.

Und wenn die Preise doch weiter steigen?

Was ist, wenn die Preise weiter steigen? Zunächst: Es ist wahrscheinlich, dass die Preise weiter steigen, wenn Sie jetzt verkaufen. Andernfalls hätten Sie ja genau den historischen Höchstpunkt erwischt, und dies ist außerordentlich unwahrscheinlich. Wer antizyklisch agiert, dem gelingt es bestenfalls, in der Nähe der Tiefstpreise zu kaufen und in der Nähe der Höchstpreise zu verkaufen. In der Regel muss er nach einem Kauf zunächst dabei zusehen, wie die Preise weiter sinken und nach einem Verkauf zunächst zuschauen, wie sie weiter steigen. Das ertragen viele Investoren nicht und entscheiden sich dann für die schlechtere Alternative, nämlich nicht zu verkaufen.

Natürlich gilt es bei der Entscheidung, ob ich als Privatanleger verkaufe oder nicht, weitere Überlegungen zu berücksichtigen. Beispielsweise wird kaum ein privater Investor acht Jahre nach Kauf wieder verkaufen, sondern lieber zehn Jahre warten, weil er dann den Gewinn steuerfrei mitnehmen kann.

Wer damit rechnet, dass die Preise nachhaltig und dauerhaft ansteigen werden, der sollte freilich nicht verkaufen. Wer dagegen – so wie ich – mit einem erneuten Aufflammen der Finanzkrise in den nächsten Jahren rechnet, wird über einen Verkauf nachdenken und darauf warten, bis sich die Gelegenheit gibt, auf einem deutlich günstigeren Niveau wieder einzusteigen.

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