Interview mit Jacopo Mingazzini, Vorstandsvorsitzender der Accentro Real Estate AG
„Mehr Wohnungsprivatisierung braucht die Stadt“
Herr Mingazzini, Berlin braucht mehr bezahlbare Mietwohnungen. Wie der Wohnraumbedarf gedeckt werden kann, wird bereits seit geraumer Zeit diskutiert. Und dass der Berliner Senat den Mieterschutz weit oben auf die Prioritätenliste gesetzt hat, ist mit der Einführung der Mietpreisbremse im vergangenen Jahr mehr als deutlich geworden. Ist Berlin eine Mieterstadt?
Die Wohneigentumsquote in Berlin ist in der Tat sehr niedrig. Aktuell liegt sie bei rund 15 Prozent. Mieter machen im Umkehrschluss also einen hohen Anteil an der Berliner Bevölkerung aus. Da die Hauptstadt seit Jahren ein stabiles Bevölkerungswachstum verzeichnet, ist der Bau neuer Wohnungen dringend nötig. Investoren und insbesondere die Politik dürfen angesichts dieser Situation jedoch die privaten Wohnungskäufer nicht aus den Augen verlieren – beziehungsweise jene, die es noch werden wollen.
Was ist zu tun, um die Bedingungen für potenzielle Wohnungseigentümer in Berlin zu verbessern?
Natürlich sind die politischen Rahmenbedingungen wichtig: Die Politik sollte die Rechte von Immobilienkäufern und -eigentümern nicht weiter beschneiden. Stichworte sind hier: Kappungsgrenze, Mietpreisbremse und Umwandlungsverbot in Milieuschutzgebieten. Vor allem braucht es aber attraktive Investmentmöglichkeiten für Anleger. Werden nur Mietwohnungen gebaut, sind die Mieter zwar versorgt – potenzielle Käufer bleiben aber auf der Strecke.
Wie können Investmentmöglichkeiten für Anleger geschaffen werden?
Zum einen natürlich durch den Neubau von Eigentumswohnungen. Das wird jedoch immer schwieriger, da es in zentralen Berliner Lagen kaum noch freie Baugrundstücke gibt. Eine zweite und deutlich aussichtsreichere Möglichkeit, mehr Investmentoptionen für potenzielle Wohnungskäufer in Berlin zu schaffen, ist die Wohnungsprivatisierung. Hierfür bietet die Stadt noch vergleichsweise viel Potenzial. Statt immer nur den Bau von neuen Mietwohnungen zu fordern, sollte es also heißen: Mehr Wohnungsprivatisierung braucht die Stadt!
Wo liegt denn der Vorteil von umgewandelten Wohnungen? Sind neu gebaute Wohnungen nicht viel attraktiver für Käufer?
Die Privatisierung von Wohnungen ermöglicht es mehr Mietern, den Schritt hin zum Immobilieneigentum zu wagen. Ein Grund hierfür ist, dass umgewandelte Wohnungen im Durchschnitt günstiger als Neubauwohnungen sind. Mieter, die die Wohnung kaufen, in der sie bereits leben, profitieren von besonders günstigen Konditionen. Ihnen bietet sich die Möglichkeit, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, für das Alter vorzusorgen und sich von Mieterhöhungen unabhängig zu machen.
In Berlin sind die Wohnungspreise in den vergangenen Jahren schnell gestiegen. Sehen Sie die Gefahr einer Immobilienpreisblase?
Nein, diese Gefahr sehe ich nicht. In Berlin sind die Kaufpreise zwar in der Tat gestiegen, aber das Preiswachstum wird von einer guten sozioökonomischen Entwicklung gestützt. Hier ist nicht zuletzt der hohe Zuzug zu nennen. Anleger, die ein Investment in der Hauptstadt planen, sollten sich vorab darüber informieren, welche Lagen besonders vielversprechend sind. Dann sind in Berlin noch attraktive Renditen möglich.