Investoren suchen Kompaktwohnungen

Magazin / Kolumnen

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Dieses Jahr wird das Transaktionsvolumen für Business- und Studentenapartments erstmals die Milliardengrenze überschreiten. Im ersten Halbjahr 2017 betrug es schon 700 Millionen Euro. Dazu werden schätzungsweise noch 300 bis 400 Millionen Euro in „Serviced Apartments“ fließen. Das ist nur das Transaktionsvolumen institutioneller Investoren; darin enthalten sind noch nicht die Verkäufe von Aufteilern an private Kleinanleger. Bulwiengesa, die diese Daten bei einer „Berliner Immobilienrunde“ zum Thema „Kompaktwohnungen“ vortrugen, gehen davon aus, dass dazu noch etwa 30 Prozent kommen, die an private Anleger vertrieben werden. „2017 dürfte ein Rekordjahr für die Transaktionen im Bereich Microliving werden“, erwarten Felix Embacher von Bulwiengesa und Dr. Stefan Brauckmann vom Moses Mendelssohn Institut.

Über 80 Prozent Ein- und Zweipersonenhaushalte

Der Bedarf an kleinen Wohnungen mit einem, 1 1/2 oder zwei Zimmern übersteigt die Produktion jedoch deutlich. In Deutschlands Metropolen sind inzwischen 54 Prozent der Haushalte Einpersonenhaushalte und weitere 27 Prozent Zweipersonenhaushalte. Dagegen sind nur 22 Prozent aller Wohnungen in Großstädten über 500.000 Einwohner Ein- und Zweizimmerwohnungen. Das gilt für den Wohnungsbestand. Aber auch im Neubau werden nach wie vor viel zu wenig kleine Wohnungen errichtet. In den Jahren 2005 bis 2014 hatten beispielsweise 68 Prozent der neu errichteten Wohnungen vier und mehr Zimmer, während nur 20 Prozent der neu errichteten Wohnungen ein oder zwei Zimmer hatten.

Studenten nur 10-15 Prozent der Zielgruppe

Oft denkt man bei kleinen Wohnungen an Studentenapartments, aber Studenten machen nur rund zehn bis 15 Prozent der Zielgruppen für kleine Wohnungen aus. Andere Zielgruppen sind ältere, alleinstehende Menschen, Auszubildende oder Pendler. Das Angebot an Kompaktwohnungen ist vielfältig. Zu unterscheiden ist zwischen wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Konzepten. Bei wohnwirtschaftlichen Konzepten dominieren Studentenapartments (in der Regel zwischen 16 und 25 qm) und Businessapartments (in der Regel 25 bis 40 qm). Bei gewerblichen Konzepten (Serviced Apartments) ist zwischen Mikroapartments, Boardinghäusern und Aparthotels zu unterscheiden.

 

Quelle: bulwiengesa AG

 

Projekte schöngerechnet

Der Bedarf ist also unbestritten groß, doch die Teilnehmer der „Berliner Immobilienrunde“ beklagten auch, dass unprofessionelle Marktteilnehmer, die auf den Zug aufspringen nicht selten bei ihren Projekten scheitern. Wenn sich ein traditionelles Wohnprojekt nicht rechnet, weil Grundstücks- und Baukosten nicht mit einem realistischen Mietansatz und einem marktüblichen Verkaufsfaktor zusammenpassen, dann wird ein Projekt schnell zu „Mikrowohnen“ umgewidmet, weil man da beispielsweise mit 25 Euro Mietansatz rechnen kann, während es beim traditionellen Wohnen vielleicht nur 15 Euro wären. Auf einmal rechnet sich (scheinbar) ein unrentables Projekt. Doch häufig müssen Projekte abgebrochen werden, beispielsweise weil Anforderungen an den Stellplatzschlüssel übersehen wurden. Und bei den Berechnungen werden oft die hohen Personal- und Instandhaltungskosten unterschätzt, so dass die Kalkulationen unrealistisch sind.
Manche Anbieter werben auch mit falschen Aussagen, wie etwa: „Für möblierte Wohnungen gilt die Mietpreisbremse nicht.“. Diesen verbreiteten Irrtum widerlegte Hans-Joachim Beck. Die Mietpreisbremse gilt bei allen Bestandswohnungen, nur im Neubau gilt sie nicht. Das trifft auch für möblierte Wohnungen zu. Hier darf zwar ein Möblierungszuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete draufgeschlagen werden, doch das sind nur monatlich zwei Prozent des Zeitwertes der Möbel.

Stark gestiegene Faktoren

Bei der „Berliner Immobilienrunde“ referierten neben Projektentwicklern auch mehrere Institutionelle, die in Mikro- oder Kompaktwohnungen investieren. Einer dieser Investoren ist die HanseMerkur Grundvermögen, die gerne in Pendlerstädte investiert, wo es eine große Nachfrage nach Mikrowohnungen gibt. Für den Mikrostandort gilt dabei: „Zentralität schlägt Image.“. Natürlich würde man nicht in Projekte in sozialen Brennpunkten investieren, aber ansonsten ist das Image des Mikrostandortes weniger wichtig, ganz entscheidend sind dagegen kurze Wege zu Versorgern und zu ÖPNV-Angeboten. Die Verkaufsfaktoren für Serviced Apartments oder Studentenwohnungen haben sich denen von traditionellen Wohnformen angeglichen, liegen jedoch nach Beobachtung der HanseMerkur etwa zwei Jahresmieten darunter.
Das muss auch so sein, denn die Betriebskosten und der Verschleiß durch häufigen Mieterwechsel sind deutlich höher als bei normalen Wohnformen. Michael Vogt von der Mondial Kapitalverwaltungsgesellschaft, die insbesondere in zahlreiche Studentenapartments investiert hat, ist daher skeptisch. Die Faktoren seien inzwischen so hoch, dass man seit fast zwei Jahren nicht mehr gekauft habe und sich lieber im Ausland umschaue, wo es noch günstiger sei. „Zum 22- bis 24fachen, was heute oft gefordert wird, kaufen wir keine Studentenwohnungen, denn wenn man realistisch die höheren Betriebskosten und die höhere Fluktuation berücksichtigt, können die Ausschüttungen, die unsere Investoren erwarten, nicht mehr erzielt werden“, so Vogt. Allerdings beobachtet er, dass die Preise jetzt langsam nachgeben und die Projektentwickler zu realisieren beginnen, dass man keine Faktoren erzielen kann, die so hoch sind wie bei traditionellen Wohnformen. Käme es zu einer Preiskorrektur, würde er wieder kaufen – 150 Millionen Euro Investorengelder hat er noch in der Pipeline. Seine Vorstellungen von einer guten Lage sind ganz einfach: „Entweder 15 Minuten zur Uni oder zu einem Szeneviertel.“
Wie stark die Preise gestiegen sind, verdeutlichte ein anderer Investor, Oliver Grossmann von der AviaRent Invest AG, die ihren zweiten Fonds für Mikrowohnungen aufgelegt hat: „Als wir 2012 den ersten Fonds auflegten, konnten wir noch zum 17fachen einkaufen. Heute bekommen wir oft Angebote in den Topstädten zum 23- bis 25fachen und selbst in B- und C-Städten wird inzwischen zum 20- bis 21fachen angeboten.“

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