Marktentwicklung: Einrichten auf härtere Zeiten

Magazin / Experten

von Jürgen Michael Schick, MRICS

In Berlin wird vier bis fünf Mal so viel in Zinshäuser investiert wie in Hamburg oder München. Der Gutachterausschuss hat die Umsatzzahlen für das Jahr 2012 ausgewertet und registriert einen weiteren Zuwachs beim Geldumsatz im Segment Wohn- / Geschäftshäuser auf 4,1 Milliarden Euro. Dabei gingen die Transaktionen sogar zurück auf ca. 1.650 gehandelte Objekte. Der Markt in der Hauptstadt brummt und ist doch einem Wandel unterworfen. Das Wichtigste dabei ist die Feststellung, dass weniger Zinshäuser ohne Gewerbe gehandelt worden sind (-25 Prozent!) und damit ein rückläufiges Transaktionsvolumen bei den reinen Mietwohnhäusern von -18 Prozent verbunden war. Die von privaten Investoren besonders geliebten, meist kleineren Mietwohnhäuser werden rar angesichts der starken Nachfrage. In diesem Segment ist die Angebotsenge besonders deutlich. Dazu kommt, dass die Kaufpreise rund die Hälfte (1,4 Millionen Euro) eines klassischen Wohn- / Geschäftshauses betragen und damit für sehr viele nicht-gewerbliche Anleger leistbar und attraktiv sind.

Bei den Objekten mit Gewerbe (im Gutachterausschuss als Wohn- / Geschäftshäuser geführt) wurden 5 Prozent mehr Objekte und 22 Prozent mehr Geld umgesetzt. Allein die Relation von spürbar höherem Transaktionsvolumen bei leicht gestiegenen Kauffällen deutet einen weiteren Preisanstieg an. Alle im Markt tätigen Akteure haben festgestellt, dass ein weiteres Schrumpfen der Renditen auf breiter Front akzeptiert worden ist. Viele Investoren schauen aus guten Gründen auch nicht mehr nur auf die Anfangsrendite, sondern auf den Sachwert (Quadratmeterpreis) bzw. das Upside-Potenzial. Mit der Schwierigkeit, dass sich dieser völlig richtigen Perspektive die Finanzierungsinstitute wegen der – auf die IST-Mieten fokussierten – Beleihungswertverordnung oftmals nicht anschließen können und deswegen in den besonders chancenreichen Lagen überproportional viel Eigenkapital nötig ist. Das ist deswegen auch einer der Gründe, warum in Teilmärkten wie Neukölln oder Lichtenberg mehr Profis als Laien kaufen.

Eine Sonderkonjunktur erleben derzeit die reinen Gewerbeobjekte. Aus Mangel an Mehrfamilienhäusern mit wohnwirtschaftlicher Nutzung suchen Investoren wieder vermehrt in den sogenannten „Geschäftshäusern“ ihr Heil, was diesem Teilsegment ein Umsatzplus von 38 Prozent beschert. Dabei handelt es sich aus meiner Wahrnehmung um verhinderte Wohnimmobilienkäufer, die nur wegen des mangelnden Angebots in Gewerbeobjekte investieren. Abgesehen von sehr stabilen Core-Lagen ist hier Berlin auch nach wie vor deutlich risikoreicher als im Wohnimmobilienmarkt.

Der Handel mit Eigentumswohnungen ist quicklebendig und zeigt weitere Zuwächse. Im letzten Jahr sind ca. 20.000 Eigentumswohnungen verkauft worden (Geldumsatz +19 Prozent!). Das entspricht etwas mehr als einem Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in Berlin. Eine Bedrohung für den hiesigen Mietwohnungsmarkt, wie es von politisch interessierter Seite jetzt regelmäßig zu hören ist, vermag ich dabei nicht zu erkennen. Zahlreiche Käufer sind Kapitalanleger, die ihre Eigentumswohnung zur Vermietung anbieten oder gleich als vermietete Wohnung gekauft haben. Das Exit-Szenario Aufteilung funktioniert auf der Nachfrageseite also weiterhin sehr gut. Politisch droht jedoch die Gefahr, dass durch Ausweitung sogenannter „Milieuschutzgebiete“ die Aufteilung in Einzeleigentum erschwert wird. Schon jetzt machen sich auch Bundespolitiker Gedanken, ob und wie eine Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verhindert werden kann. Aufteilungswillige Investoren sollten jetzt zügig Objekte ankaufen und diese gegebenenfalls auch für ein paar Jahre als Mietwohnungsbestände halten, wenn sie nicht gleich alle Wohnungen in den Vertrieb nehmen können. Sie sollten jedoch keine Zeit bei der Umwandlung in Einzeleigentum verlieren. Für Vertriebe und Immobiliengesellschaften mit dem Businessplan Aufteilung gilt es also, die Bestände jetzt aufzustocken und rechtlich eine Aufteilung in trockene Tücher zu bringen, bevor es durch die drohenden Pläne, eine Umwandlung zu verhindern, noch schwerer wird.

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