„Neinsagerhauptstadt“

Magazin / Kolumnen

von Dr. Rainer Zitelmann

Berlin hat den Zuschlag zu den Olympischen Spielen nicht bekommen. Sicherlich auch deshalb nicht, weil sich unsere Stadt inzwischen als „Neinsagerhauptstadt“ profiliert hat. Die Grundeinstellung lautet: Erstmal meckern, erstmal „Nein“ sagen – egal wozu.

Bausenator Andreas Geisel musste deshalb die Notbremse ziehen. Nach dem Landesgesetz zur Ausführung des Baugesetzbuches ist es jetzt möglich, Areale zum „Gebiet von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung“ zu erklären, und so den Bezirken die Zuständigkeit für die Genehmigung eines Bauvorhabens zu entziehen. Das Gesetz greift vor allem dann, wenn mindestens 200 Wohnungen entstehen sollen. Die Senatsverwaltung hat in diesem Jahr bereits zwei Mal von diesem Recht Gebrauch gemacht, nämlich bei der Randbebauung am Mauerpark in Mitte (700 Wohnungen) sowie bei dem geplanten Neubauviertel auf den Rudower Feldern. Hier sollten übrigens zunächst 1.000 Wohnungen entstehen, mit der Bürgerinitiative hat man sich jetzt auf weniger als die Hälfte geeinigt. Im vergangenen Jahr wurden in Berlin 3.000 neue Wohnungen im Mehrfamilienhausbau errichtet. Ja, Sie haben richtig gelesen: 3.000. Mehr waren es nicht. Die 3.000 Wohnungen ersetzen gerade einmal diejenigen, die durch natürlichen Schwund jedes Jahr abhanden kommen. Rechnet man richtig, dann ist im vergangenen Jahr netto keine einzige neue Wohnung durch den Mietwohnungsneubau entstanden! Und das bei einer im gleichen Jahr um 45.000 gestiegenen Einwohnerzahl. Man darf neugierig sein, ob sich der Senat künftig wirklich häufiger gegen die Bezirke durchsetzen wird. Von den 488 Wohnungsbauvorhaben in Berlin umfassen 88 Prozent weniger als 100 Einheiten. Hier haben die Bezirke nach wie vor allein das Sagen. Nur 29 Projekte umfassen mehr als 200 Einheiten – hier könnte der Senat die Sache an sich ziehen. Für Zinshausinvestoren ist das alles kein Problem: Sie können weiter mit Wertzuwächsen für ihre Immobilien rechnen, denn Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Ein Problem ist es jedoch für die Mieter. Denn bekanntlich helfen gegen Wohnungsknappheit keine Parolen und Gesetze – helfen könnte nur der Neubau.

Und was machen die städtischen Wohnungsgesellschaften in dieser Situation? Sie haben 10.300 Wohnungen gekauft, was die vorherigen Besitzer freut, die jetzt zu Höchstpreisen verkaufen konnten. Aber haben sie auch neue Wohnungen geschaffen? Ja, sie haben. Die WBM hat 60 Wohnungen neu gebaut, die Degewo 52. Insgesamt also 112. Das war’s im Jahr 2014! Ich erinnere noch mal daran: Die Einwohnerzahl unserer Stadt ist im gleichen Jahr um 45.000 gestiegen. Und die städtischen Wohnungs „bau“gesellschaften haben 112 neue Wohnungen errichtet, um dem Wohnungsmangel Herr zu werden. Die Politik gefällt sich darin, die Immobilienbranche zum Sündenbock für den Wohnungsmangel zu machen. Ja, der Dieb ruft: „Haltet den Dieb!“

 

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