Porträt: Kreuzberg

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Vom Milieu zur Mitte

Das Thema Erhaltungsschutz ist derzeit in aller Munde: Die Zusammensetzung der Bevölkerung und die besondere Architektur der Kieze, die Berlin einzigartig machen, sollen erhalten bleiben. Einer der Vorreiter im Bereich Milieuschutz ist der Ortsteil Kreuzberg. Bereits 1994 wurde der Graefekiez unter Milieuschutz gestellt. Mittlerweile gilt die Erhaltungssatzung fast für die Hälfte des Ortsteils. Kreuzberg ist mittlerweile in jeder Hinsicht in der Mitte Berlins und der Gesellschaft angekommen. Noch vor einigen Jahren als Problemgebiet bezeichnet, ist Kreuzberg in der jüngsten Vergangenheit immer mehr zum Szeneviertel und beliebten Wohngebiet für Alteingesessene und Neu-Berliner aufgestiegen. Der Ortsteil verfügt über multikulturelles Flair und ist auch für sein breites Angebot an Freizeitmöglichkeiten bekannt.

Vom Problemviertel zum Szenebezirk

Bewohner und Investoren schätzen an Kreuzberg seine zentrale Lage: Als Teil von Friedrichshain-Kreuzberg liegt der Ortsteil im Herzen der Hauptstadt. Kreuzberg grenzt an die Bezirke Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick und Neukölln. Kreuzberg war lange Zeit als Konfliktbezirk bekannt. In der Tat waren die Straßen und Plätze des Ortsteils bereits einige Male Schauplatz politischer Unruhen und spielten in der Geschichte Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle. Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke 1968 versuchten Studenten, während der sogenannten Osterunruhen, gegen die Auslieferung von Axel-Springer-Zeitungen anzugehen. Die Straße, in der die Unruhen stattfanden, heißt heute Rudi-Dutschke-Straße. Das umliegende Areal im Osten Kreuzbergs, auch SO 36 genannt, machte in den 1970er und 1980er Jahren von sich reden – es entwickelte sich zum Mittelpunkt der Alternativbewegung. Besonders am Tag der Arbeit, dem 1. Mai, wurde das Gebiet Schauplatz von Unruhen und Krawallen. Mittlerweile haben sich diese aber stark abgeschwächt, und anstatt dessen feiern die Anwohner heute ein buntes Volksfest mit Essen, Trinken und Musik.

Lokale Wirtschaft im Aufwind

Kreuzbergs lokale Wirtschaft schwächelte während der deutschen Teilung. Der Ortsteil litt lange Zeit unter hoher Arbeitslosigkeit und problematischen sozialen Strukturen. Das änderte sich jedoch mit dem Fall der Mauer. Der Ortsteil lag nun nicht mehr am Rand West-Berlins, sondern wieder im Zentrum der Stadt. Dadurch hat sich auch die Attraktivität Kreuzbergs als Geschäftsstandort im Laufe der Zeit erhöht. In den vergangenen Jahren hat der florierende Wohnungsmarkt der lokalen Wirtschaft Auftrieb gegeben. Es haben sich vor allem Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnik sowie Medienunternehmen niedergelassen. Insbesondere das Spreeufer in der Nähe der Oberbaumbrücke ist bei Unternehmen beliebt.

Kulturelle Vielfalt zieht an

Das multiethnische Flair und die lebendige kulturelle Szene machen den Bezirk zu einem Anziehungspunkt für viele gesellschaftliche Gruppen. Kreuzberg ist bekannt für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft; mehr als ein Drittel der Kreuzberger Einwohner haben einen Migrations-hintergrund. Schon immer zog es junge Menschen, Künstler und Kreative vermehrt nach Kreuzberg. In den letzten Jahren ist der Stadtteil aber auch bei bürgerlichen Schichten und jungen Familien immer beliebter geworden. Durch die zahlreichen, oft aufwändig sanierten Altbauwohnungen avancierte Kreuzberg zunehmend zum Ausweichgebiet für Interessenten, die in anderen Szenebezirken wie zum Beispiel Prenzlauer Berg kein passendes Objekt für sich finden konnten.

Kreuzberger Nächte sind lang

Das Viertel macht seinem Ruf alle Ehre und bietet für Nachtschwärmer ein vielfältiges Programm, mit zahlreichen Restaurants, Bars, Clubs und den typischen Kiez-Kneipen. Aber auch am Tage lässt es sich in Kreuzberg gut leben: Das Tempelhofer Feld und der Viktoriapark laden zu Ausflügen ins Grüne ein. Bei schlechtem Wetter lohnt sich ein Besuch im Jüdischen Museum. Ein Muss ist auch das von Schinkel entworfene Nationaldenkmal für die Befreiungskriege auf dem Kreuzberg, von dem aus man einen einmaligen Blick über ganz Berlin hat.

Friedrichshain-Kreuzberg: Konkurrenz für Mitte

 Kreuzberg hat aktuell rund 150.000 Einwohner, der gesamte Verwaltungsbezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat laut WohnungsmarktReport 2013 von GSW/CBRE rund 276.000 Einwohner: Das ist ein Plus von 3,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2007. Der Bezirk ist der am dichtesten besiedelte Berlins – mit 13.500 Einwohnern pro Quadratkilometer liegt Friedrichshain-Kreuzberg weit vor dem zweitplatzierten Bezirk Mitte mit rund 8.600 Einwohnern je Quadratkilometer. Hinsichtlich des Mietanstiegs kann Friedrichshain-Kreuzberg ebenfalls mit der begehrten Berliner Mitte mithalten: Von 2011 bis 2012 verzeichnete Friedrichshain-Kreuzberg eine durchschnittliche Zunahme um 11,5 Prozent, in Mitte waren es 14,7 Prozent. Momentan lassen sich im mittleren Marktsegment Mieten von 6,50 – 13,18 Euro pro Quadratmeter erzielen. Zum Vergleich: In Mitte sind es 5,63 – 14,12 Euro. Daran wird deutlich, wie stark sich der ehemalige Problembezirk in den Augen von Bewohnern und Investoren gewandelt hat: Friedrichshain-Kreuzberg liegt mittlerweile auf einem Level mit Mitte und weist laut GSW/CBRE sogar eine leicht bessere Marktposition auf als Charlottenburg-Wilmersdorf, ein traditionell sehr begehrter Bezirk in der Berliner Innenstadt.

Hohe Nachfrage in Kreuzberg

Betrachtet man den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg im Detail, wird deutlich, dass sich die stärkere Entwicklung in den letzten Jahren in Kreuzberg abgespielt hat. Dabei stechen einige Gebiete besonders hervor: Um den Görlitzer Park wurde der Quadratmeter Mietwohnung 2012 um 26 Prozent teurer angeboten als im Vorjahr. Ein ähnlicher Anstieg zeigt sich im Viertel um die Wrangelstraße (ein Plus von 19 Prozent) und im Graefekiez (16 Prozent mehr). Bemerkenswert ist außerdem, dass sich um die Graefestraße ein Luxussegment etabliert hat. Mit einer Angebotsmiete von 17,43 Euro pro Quadratmeter liegt das Areal auf dem fünften Platz aller Berliner Gebiete – noch vor wenigen Jahren wäre das undenkbar gewesen. Doch dem Mietanstieg und der Gentrifizierung Kreuzbergs sind enge Grenzen gesetzt. Rund die Hälfte des Stadtteils wurde zum Milieuschutz-gebiet erklärt, insgesamt acht Gebiete. Die Luisenstadt und der Graefekiez sind die ältesten Milieuschutzgebiete. Die Bereiche Bergmannstraße-Nord, Hornstraße und Chamissoplatz werden ebenfalls in ihrer Entwicklung von der Stadt kontrolliert. Dadurch sollen Familien mit Kindern und eigentümergeführte Einzelhändler in Kreuzberg gehalten werden. Allerdings stellt sich die Frage, ob sich dadurch der Mietanstieg in den nicht-geschützten Arealen weiter verschärft, zum Nachteil von Familien und kleinen Unternehmen. Und Kreuzberg dadurch an Vielfalt und Attraktivität einbüßt.

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