Stadtteilporträt: Prenzlauer Berg
Im steten Wandel
Es gibt wohl kaum einen Stadtteil in Berlin, der sich in den vergangenen 30 Jahren so sehr verändert hat wie Prenzlauer Berg. War das Viertel in den 1980er Jahren noch als Zentrum der Künstler und „Unangepassten“ berühmt und berüchtigt, entwickelte es sich in den 1990er Jahren mit den zugezogenen Einwohnern zum beliebten Szenekiez. Nach der Jahrtausendwende zog es immer mehr Akademiker in den Ortsteil. Heute bietet Prenzlauer Berg jedem ein bisschen von allem: Studenten, Singles, Klein- und Großfamilien – sie alle finden ihren Platz in einem der schönsten Stadtteile Berlins.
Beim Spaziergang durch die Straßen des Viertels fällt dem Betrachter das Besondere von Prenzlauer Berg gleich ins Auge: Der „Prenzlberg“, wie er von seinen Bewohnern liebevoll genannt wird, ist lebendig und jung. Die Bewohner genießen die kulturell offene, kreative Atmosphäre und das pulsierende Gefühl in den zahlreichen Cafés, Restaurants und Clubs beispielsweise am Kollwitzplatz oder in der Danziger Straße. Rund die Hälfte der Bevölkerung ist gerade einmal zwischen 25 und 45 Jahren alt. Da viele junge Leute früher oder später eine Familie gründen, sind die Spielplätze und Schulen gut besucht.
Die Bevölkerung: Von Grund auf neu
Von Bewohnern, Politikern und Soziologen häufig thematisiert: Die soziale Bevölkerungsstruktur des Stadtteils hat sich seit der Wiedervereinigung Deutschlands grundlegend gewandelt. Diese Entwicklung vollzog sich in einer Geschwindigkeit, dass sogar die Statistiker kaum noch nachkamen. Schätzungen zufolge wurde Prenzlauer Berg in den vergangenen 20 Jahren fast vollständig umgekrempelt: Knapp 80 Prozent der Einwohner des Stadtteils wurden in dieser Zeit ausgetauscht. Die alteingesessene Bevölkerung – Arbeiter sowie Angehörige der alternativen Szene – wichen höheren und gebildeteren Einkommensschichten. Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich die Anzahl der Bewohner mit Hochschulreife verdoppelt; rund um den Kollwitz- und den Helmholtzplatz sind rund 75 Prozent der Bewohner Akademiker. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Einkommen wider: Lag das durchschnittliche Einkommen nach der Wiedervereinigung noch 20 Prozent unter dem Ost-Berliner Durchschnitt, liegt es heute fünf Prozent über dem Durchschnitt Gesamtberlins.
Altbauten prägen das Straßenbild
Eine weitere Besonderheit Prenzlauer Bergs liegt in seiner Baugeschichte. Der Großteil der heutigen Gebäude wurde zwischen 1889 und 1905 errichtet. In dieser Zeit entstand das typische Prenzlauer-Berg-Haus: Auf den meist 18 Meter breiten Grundstücken wurden in voller Breite fünfgeschossige Vorderhäuser errichtet. Im Erdgeschoss befanden sich die Ladengeschäfte, in den darüberliegenden Etagen zwei Wohnungen pro Stockwerk. Den Hinterhof teilte man sich mit dem Nachbargrundstück. Im Hinterhaus wohnten die ärmeren Bevölkerungsschichten, die in einer der kleineren vier Wohnungen, die sich auf jeder Etage befanden, ein Zuhause fanden. Die bis heute erhalten gebliebenen Gebäude aus den 1920er und 1930er Jahren unterscheiden sich deutlich von den typischen Prenzlauer-Berg-Häusern. In der Weimarer Republik standen vor allem soziale Gesichtspunkte beim Entwurf der Neubauten im Vordergrund. Die einheitlich gestalteten Baukörper sollten in erster Linie dazu beitragen, die Lebensbedingungen ihrer Bewohner zu verbessern. Zu den bekanntesten Siedlungen dieser Zeit gehört die GEHAG-Siedlung zwischen Greifswalder, Grell- und Rietzestraße sowie die Wohnstadt Carl Legien in der Erich-Weinert-Straße. In den bis Ende der 1920er Jahre errichteten nur rund 100.000 Wohnungen im Stadtteil lebten über 325.000 Menschen. Aufgrund dessen gehörte Prenzlauer Berg zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Welt.
Beliebtes Szeneviertel
Da Prenzlauer Berg während des Zweiten Weltkriegs bis auf wenigen Ausnahmen von Bombardements verschont blieb, ist der Immobilienbestand aus den Jahren 1889 bis 1948 bis heute fast vollständig erhalten geblieben. Mehr als 80 Prozent der Wohnungen stammen aus diesen Jahren. Es wären vielleicht noch ein paar Prozent mehr gewesen, wenn die DDR-Führung ihren Fokus nicht fast ausschließlich auf den Neubau von Plattensiedlungen gelegt hätte. Die Altbauten verfielen in dieser Zeit, die Wohnungen waren teilweise nicht mehr bewohnbar. Wer konnte, verließ den Stadtteil und zog in eine der modernen Plattenbauwohnungen.
Was blieb, war die „alternative Szene“, die Prenzlauer Berg seinen bis heute berühmten Ruf verlieh. Studenten, Literaten und Künstler wurden vom Image des Ortsteils angezogen. Prenzlauer Berg entwickelte sich zu einem Szeneviertel, das für sein ausgeprägtes Nachtleben, seine Kneipen, Cafés und Clubs bekannt wurde. Daran hat sich bis heute nur wenig geändert, so dass es nicht verwundert, dass bekannte Bands wie Rammstein und Rosenstolz zu den Stammbesuchern zählen. Zentrum des kulturellen Lebens ist vor allem die Kulturbrauerei. Sie befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Schultheiss-Brauerei in der Schönhauser Allee, Ecke Danziger Straße.
Steigende Mieten und Kaufpreise
Nach der politischen Wende setzte eine Sanierungswelle in Prenzlauer Berg ein. Die maroden Gebäude wurden größtenteils saniert. Mit der Modernisierung veränderte sich die Bevölkerungsstruktur im Ortsteil. Die nach den Baumaßnahmen gestiegenen Mieten konnten viele Bewohner jedoch nicht mehr zahlen und zogen deshalb in andere Stadtteile. Zu den Zuzüglern gehören Akademiker und junge Familien, die über ein höheres Haushaltseinkommen verfügen. Auf großes Interesse stoßen vor allem die klassischen Kiezlagen rund um den Kollwitzplatz sowie das Bötzow- und das Winsviertel. Die Nachfrage ist in diesen Gegenden so hoch, dass mitunter Preise durchgesetzt werden können, die sonst nur im Erstbezug sanierter Altbauten oder bei Neubauwohnungen üblich sind. Durchschnittlich 11,53 Euro pro Quadratmeter werden mittlerweile im oberen Angebotssegment gezahlt. Auch im unteren Marktsegment erreicht Prenzlauer Berg Spitzenwerte. In den beliebtesten Quartieren rund um den Kollwitz- und den Helmholtzplatz werden durchschnittlich zwischen 6,09 und 6,55 Euro pro Quadratmeter verlangt. Da die Kaufkraft im Berliner Vergleich jedoch nur mäßig ist, gehört Prenzlauer Berg zu den Gebieten in der Hauptstadt mit den höchsten Wohnkostenquoten: Mehr als 33 Prozent der ortsüblichen Kaufkraft müssen die Bewohner für die Warmmiete aufbringen. Zu den günstigeren Wohngebieten zählen die Viertel nördlich der Danziger Straße und rund um die Schönhauser Allee. Dort ist bereits eine steigende Nachfrage nach Wohnimmobilien zu verzeichnen.