Wohnungsinvestments: Neubau, Bestand oder… ?

Magazin / Kolumnen

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Die Meinungen führender deutscher Wohnimmobilieninvestoren bei der „Berliner Immobilienrunde“ am 4. Mai gingen weit auseinander: Manche investieren fast nur im Neubau, manche fast nur im Bestand – und andere finden beides zu teuer.

 „Ankaufskriterien von Investoren für Projektentwicklungen im Wohnungsneubau (Forward-Deal)“ war das Thema Anfang Mai bei einer Veranstaltung, bei der führende deutsche Investoren referierten. Weiter können die Meinungen nicht auseinander gehen:

 

Plädoyer für den Bestand

Florian Mundt von der Deutschen Investment Kapitalanlagegesellschaft vertrat eine dezidierte Meinung: Ein Vergleich der Renditen für Investments in den Bestand und in den Neubau falle zugunsten des Bestandes aus. Daher habe sein Unternehmen bislang noch nie in einen Wohnungsneubau investiert. Er räumte allerdings ein, dass sich der Bestand nur dann eindeutig besser rechne, wenn man das Thema „Mietpreisbremse“ außer Acht lasse. Dies gelte jedenfalls für die Ausschüttungsrendite. Bei IRR-Berechnungen sei jedoch – wegen der höheren Mietsteigerungsmöglichkeiten im Bestand – der Neubau eindeutig unattraktiver. Das Unternehmen kauft vor allem Wohnungsbestände in Berlin und Hamburg. Ich habe jedoch Zweifel an dieser Berechnung, denn Mundt unterstellte, dass man Neubau und Bestand zu etwa gleichen Faktoren einkaufen könne. Nach meiner Beobachtung werden jedoch im Bestand – vor allem für Zinshäuser – inzwischen sogar deutlich höhere Faktoren gezahlt als im Neubau.

 Viele setzen auf Forward-Deals

Ganz anders als Mundt sieht das Lutz Wiemer von der HanseMerkur Grundvermögen AG: „Wir würden sehr gerne auch im Bestand kaufen, aber wir finden dort nichts zu angemessenen Preisen.“ Wiemer setzt eindeutig auf Forward Deals im Wohnungsneubau. Das trifft auch für Fabian Klingler von Aberdeen und für Nikolaus Jorzick von Hamburg Team zu.

Thomas Meyer von Wertgrund, der in der Vergangenheit ausschließlich im Bestand investiert hat, will ebenfalls verstärkt im Neubau investieren und plant, dass 30 bis 50 Prozent seiner Investments künftig in Forward Deals gehen: „Mein Herz hängt nach wie vor am Bestand, aber wenn man realistisch rechnet, also die Mietpreisbremse berücksichtigt, dann rechnen sich bei den derzeitigen Preisen viele Angebote im Bestand nicht mehr.“

Die meisten Investoren sind jedoch nicht bereit, mehr als maximal das 25fache für den Neubau zu bezahlen. Und sie setzen nach wie vor stark auf die zentralen Lagen in den großen Metropolen. Meiner Meinung nach wird das Thema „Speckgürtel“, wo man auch noch zum 22fachen kaufen kann, zu sehr vernachlässigt. In Städten wie in Berlin und München gibt es inzwischen einen deutlichen Trend in das Umland, den die Investoren jedoch noch nicht in seiner Bedeutung wahrnehmen.

 Flucht ins Ausland

Einer der wichtigsten Investoren in deutsche Wohnimmobilien ist Bouwfonds, die jedoch von Anfang an auch in anderen europäischen Ländern investiert haben. Martin Eberhardt sieht derzeit deutlich bessere Renditechancen in Ländern wie Holland oder Polen – der deutsche Markt sei einfach zu teuer geworden. „Wir investieren daher im Moment überwiegend in ausländische Wohnimmobilien“, so Eberhardt. Auch die Bayerische Versorgungskammer, mit Kapitalanlagen von 78 Milliarden Euro einer der Riesen am deutschen  Investmentmarkt, kauft derzeit keine Wohnimmobilien mehr in Deutschland. Genauer gesagt: Man prüft weiter und würde gerne kaufen, findet aber zu den Investitionskriterien nichts.

 „Kenne ich nicht – mache ich nicht“

Ob die Investments im Ausland wirklich am Schluss besser sind als in Deutschland – dies mag nach den Erfahrungen, die offene Immobilienfonds in der Vergangenheit gemacht haben, bezweifelt werden. Sicherlich: Profis wie Patrizia und Bouwfonds beherrschen das Auslandsgeschäft, aber das können eben nur wenige. Ich finde, bei vielen Investoren passen die Kriterien einfach nicht mehr zum Marktgeschehen. Manche laufen seit Jahren mit ihren Ankaufskriterien dem Markt hinterher. Fast alle wollen vor allem in den Top-7-Städten Neubau kaufen, sind aber nicht bereit, mehr als das 25fache zu zahlen. Die Projektentwickler verkaufen dann jedoch lieber Eigentumswohnungen oder sie verkaufen global an Family-Offices, die bereit sind, auch höhere Faktoren zu bezahlen. Die Chancen, die sich in den Speckgürteln der großen Städte ergeben, werden von den meisten Marktteilnehmern ignoriert. Die Begründung lautet meist, solche Lagen, die weniger klangvoll sind, seien den Versicherungen und anderen Anlegern, die in die Fonds investieren, nicht zu vermitteln. „Kenne ich nicht, mache ich nicht“ lautet offenbar das Motto bei vielen.

 Schummelsoftware?

Was die Bestandsinvestoren anlangt, so machen sich meiner Meinung nach viele etwas vor: Wenn zehn Investoren für eine Bestandsimmobilie bieten, von denen acht ohne Mietpreisbremse rechnen, dann haben die beiden, die die Mietpreisbremse ernst nehmen, kaum eine Chance, den Zuschlag zu bekommen. Das Risiko, dass die Rechnung derjenigen, die mit Mietsteigerungen bei Neuvermietungen im Bestand rechnen, welche gesetzlich nicht erlaubt sind, später nicht aufgeht, halte ich für sehr hoch. Da erscheint in vielen Fällen eine Investition in den Neubau, wo die Mietpreisbremse nicht gilt, doch sicherer. Zudem wüsste ich nicht, wie man den Versicherungen erklären soll, dass die Rechnung nur dann aufgeht, wenn man gegen geltende Gesetze verstößt. Ein Teilnehmer der „Berliner Immobilienrunde“ verglich solche Rechnungen sogar mit der Schummelsoftware bei Abgasmessungen von VW.

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