B-Cities in der Hauptstadt

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Jürgen Michael Schick
Jürgen Michael Schick

Eine der derzeit beliebtesten Thesen im deutschen Immobilienmarkt ist die Idee, bei der Immobiliensuche auf B-Standorte auszuweichen. Damit soll dem Objektengpass in den deutschen Metropolen und den oftmals gestiegenen Preisen entgegengesteuert werden. Plötzlich werden Städte wie Essen und Wiesbaden von Maklern und Immobilienplattformen in einem Atemzug genannt, wobei die eine Stadt ein völlig anderes Profil hat als die andere. Als Begründung für Investitionsstandorte wie Wuppertal werden Bruttorenditen von sechs Prozent angeführt. Das entspricht einem Multiplikator auf den Rohertrag von knapp 17-fach.

Ich halte davon relativ wenig und nicht nur, weil ich im größten deutschen Wohnimmobilienmarkt, nämlich in Berlin, zu Hause bin. Meine Gründe sind die folgenden:

1. B-Cities funktionieren im Transaktionsbereich nur in Hochphasen.
2. Mietsteigerungen sind in Großstädten deutlich dynamischer als in Mittelstädten.
3. Außenlagen der deutschen Großstädte bieten ähnliche bzw. bessere Rahmenbedingungen bei deutlich geringerem Risiko.

1. B-Städte sind derzeit im Fokus der immobilien-wirtschaftlichen Presse, weil sehr viel Liquidität nach passenden Anlagen sucht. Die Preisentwicklung der vergangenen vier Jahre kannte in allen deutschen Großstädten in den Zentren nur eine Richtung: Die Preise zogen mehr oder weniger stark an. Sollte aus dem Immobilienboom von heute jedoch eines Tages eine normale Nachfrage werden, werden zahlreiche Erwerber Schwierigkeiten haben, ihre Assets wieder zu verkaufen. Nur wenige Player verfügen über eine Infrastruktur, die Standorte wie Wuppertal, Essen und Wiesbaden neben den Hauptinvestitionsstandorten wie Berlin oder Hamburg managen können. Oftmals scheitern Investoren schon an der Vielzahl der örtlichen Verwaltungen, die alles andere als einheitliche Reportings liefern. In einer Nach-Boom-Phase werden Käufer wieder nach den gängigen Märkten Ausschau halten. Standorte, die keiner wirklich kennt und die vor allem keine Markttransparenz bieten, fallen dann wieder durch den Rost. Privatanleger konzentrieren sich ohnehin auf die großen Städte.

2. Aus vielen Jahren der Analyse der Wohnpreisspiegel des Immobilienverbandes IVD und anderer Quellen weiß ich, dass Mietpreissteigerungen in den Großstädten überproportional ausfallen. Großstädte wie Berlin sind Zuwanderungsgewinner und bieten Mietern weniger Ausweichmöglichkeiten in günstige Umlandgemeinden wie die zitierten Mittelstädte, wo das Pendeln vor die Tore der Stadt oft in wenigen Minuten möglich ist. Das Ziel eines jeden Investors ist es, durch aktives Bewirtschaften die Ertragskraft seines Bestandes zu steigern. Das ist in den Metropolen deutlich einfacher möglich als in B- oder C-Städten.

3. Der Immobilienstandort Berlin verfügt über B-Städte – und zwar innerhalb seiner Stadtgrenzen. Stadtteile wie Spandau, Reinickendorf, Teile von Tempelhof oder Marzahn bieten Preisniveaus, die deutlich günstiger sind als Dresden und chancenreicher als Essen oder Wuppertal. Vielleicht sind diese Berliner Bezirke nicht so schön wie Dresden. Zinshäuser sind hier aber immer noch günstiger als mittlere Lagen von Elbflorenz. Wir vermitteln als Maklerunternehmen auch in diesem Herbst wieder mehrere Wohnanlagen, die in Reinickendorf zwischen dem 14- und 16-fachen liegen, in Spandau und Marzahn bei deutlich unter 1.000 Euro je Quadratmeter und in Tempelhof zu Renditen, wie man sie aus Wiesbaden gar nicht kennt. Alle diese Standorte profitieren davon, dass es im Berliner Wohnungsmarkt eng wird und viele Haushalte mit kleinerem oder auch mittlerem Budget an den Stadtrand ziehen. Immobilienprofis wissen im Gegensatz zur veröffentlichten Meinung, dass nicht alle Menschen im sanierten Altbau in der Nähe des Kurfürstendamms wohnen können. Die Menschen, die nunmehr ein paar U-Bahn-Stationen weiter nach außen ziehen, sind keineswegs der gesellschaftliche Rand, sondern Teil einer Ausdifferenzierung dieser Stadt. Stadtteile wie Spandau, Reinickendorf, Tempelhof oder Marzahn haben nicht den Glamour von Charlottenburg, Mitte oder Prenzlauer Berg. Wuppertal und Essen haben das vermutlich auch nicht. Wer seine Bestände in die Berliner City-Randlagen aus-weitet, kann mit seinem gewohnten Property Management von kurzen Wegen profitieren und kann sich ganz sicher sein, dass auch bei einer Beruhigung des Immobilienmarktes eine dauerhafte Nachfrage bei einem eventuellen Wiederverkauf besteht. Denn der Standort Berlin wird in den nächsten 20 Jahren sehr gut zu vermarkten und zu platzieren sein. Den meisten der sogenannten B-Städte traue ich das nicht zu.

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