Berliner Wahlprüfstein: Wohneigentum als Altersvorsorge

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Jürgen Michael Schick, MRICS

Bevor im September 2016 in Berlin die Wahlen zum Abgeordnetenhaus stattfinden, wetteifern die politischen Parteien mit ihren Konzepten zur Wohnungs- und Baupolitik. Allen derzeit im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien gemein ist die Fokussierung auf die Mietenpolitik. Bei einem Mieteranteil von 85 Prozent an der Berliner Bevölkerung ist das auf den ersten Blick wenig verwunderlich. Leider spielt jedoch die Frage, wie in der Spree-Metropole privates Wohneigentum gebildet werden kann, eine völlig untergeordnete Rolle. Sicher ist: Der Verweis auf den florierenden Immobilienmarkt greift zu kurz. Seit der Wiedervereinigung ist die Wohneigentumsquote nur wenig gestiegen. Mit derzeit 15 Prozent ist Berlin das absolute Schlusslicht in Deutschland und Europa. Dabei hat die Politik sich gemäß der Berliner Verfassung auch um die Eigentumsbildung ihrer Bürger zu sorgen. Ein entsprechendes Programm, das mit einem einstelligen Millionenbetrag finanziert wird, gibt es zwar bereits. Es wird aber aufgrund der schlechten Konditionen nicht nachgefragt, so dass es bisher nur einen einzigen (!) Förderfall gibt.

Dabei wird gerade in der aktuellen Diskussion um die Riester-Rente wieder einmal deutlich: Wohneigentum ist der beste Weg zur kapitalgedeckten Altersvorsorge. Es bietet nämlich Schutz vor steigenden Mieten und bildet den Kern des Vermögensaufbaus privater Haushalte. Die Renten – das ist schon lange bekannt – werden den Lebensabend nicht mehr ausreichend absichern, anhaltend niedrige Zinsen machen das Sparkonto unattraktiv. Ein rechtzeitiger Vermögensaufbau bewahrt dagegen vor finanziellen Einbußen im Alter. Im europäischen Vergleich schneiden die Deutschen in diesem Punkt aber schlecht ab. Nach einer EZB-Studie beträgt das mittlere Nettovermögen eines italienischen Haushalts rund 163.000 Euro, das eines spanischen sogar 178.000 Euro. Für Deutschland wurde dagegen ein Nettovermögen von nur 51.000 Euro errechnet. Was ist der Grund für diesen signifikanten Unterschied? In erster Linie die höhere Wohneigentumsquote in den südlichen Ländern. Immobilienbesitzer sind disziplinierte Sparer und haben deshalb nach Beendigung des Erwerbslebens mehr auf der hohen Kante als Mieter.

Deutschen Politikern sollte dies zu denken geben. Die Konsequenz kann nur sein, sich von der derzeitigen, einseitig mieterfokussierten Immobilienpolitik zu verabschieden und die staatliche Förderung der Eigentumsbildung massiv zu verbessern. Hilfreich wäre beispielsweise ein Programm zur Förderung von Schwellenhaushalten, denn auch finanziell schwächeren Bürgern sollte der Weg zum Eigentum geebnet werden.

Für mich sind die sogenannten Schwellenhaushalte die Verlierer einer völlig verfehlten Immobilienpolitik. Mit der Mietpreisbremse werden wohlhabende Mieter entlastet, während Mietinteressenten mit bescheideneren finanziellen Verhältnissen noch seltener als zuvor eine Mietwohnung finden. Und die Schwellenhaushalte, die eigentlich den Sprung in die eigenen vier Wände wagen wollen, können zumeist wegen einer nicht ausreichenden Eigenkapitalbildung nicht am Immobilienmarkt partizipieren. Eine Förderung, die die Eigenkapitalbasis stärkt, wäre daher eine sinnvolle Förderung. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Berliner Politik dazu durchringen könnte. Andernfalls werden Großteile der Berliner Bevölkerung bei Renteneintritt in die Versorgungslücke fallen, von der sie in den abendlichen Talkshows immer öfter hören. Zinsverbilligte Kredite braucht im heutigen Umfeld hingegen niemand. Eigentlich sollte man den Playern, die die Mieterprivatisierung betreiben oder Wohnungen für Selbstnutzer anbieten, dankbar sein für das, was sie tun. Stattdessen werden sie behindert und ausgebremst, wo es nur geht. Mein Wahlprüfstein für die Berliner Abgeordnetenhauswahl ist daher: Welche Partei bewegt sich weg vom Verbieten (Zweckentfremdung, überzogener Milieuschutz, Umwandlungsstopp u. v. m.) hin zum Ermöglichen?

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