Beschlagnahme von Immobilien darf nur das letzte Mittel sein

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Am 1. Oktober 2015 hat die Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg das „Gesetz zur Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen“ beschlossen. Damit kann die zuständige Behörde Grundstücke und Gebäude zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden sicherstellen. Voraussetzung ist, dass das Gebäude ungenutzt ist und in den vorhandenen Erstaufnahme- oder Folgeeinrichtungen nicht genügend Plätze zur Verfügung stehen. Das Land Berlin hat bereits vier Gewerbeimmobilien beschlagnahmt und darin Asylbewerber untergebracht. Nach dem Grundgesetz darf die Beschlagnahme von Immobilien jedoch nur das letzte Mittel sein. Der IVD fordert deswegen, dass eine Beschlagnahme von Immobilien erst dann erfolgt, wenn die Möglichkeiten zur Unterbringung im gesamten Bundesgebiet ausgeschöpft sind. Hierzu sollte die Zuständigkeit auf die Bundespolizei übertragen werden.

Angemessene Mietverträge statt Beschlagnahme

Der Staat darf bereits – nach den geltenden Polizei- und Ordnungsgesetzen – Immobilien beschlagnahmen, um Obdachlose unterzubringen. Diese Gesetze lauten in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Sie enthalten jedoch alle eine Generalklausel, nach der es Aufgabe der zuständigen Behörden ist, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwenden. Die Beschlagnahme einer Immobilie darf nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aber nur „das letzte Mittel“ sein.

Die Behörde muss also nachweisen können, dass keine Möglichkeit besteht, die Flüchtlinge in öffentlichen Immobilien unterzubringen. Ebenso, dass es dem Staat nicht möglich ist, dem Flüchtling oder Asylsuchenden eine Unterkunft durch Abschluss eines Mietvertrages zu verschaffen. Daher ist zu verlangen, dass die Behörde dem jeweiligen Eigentümer vor der Beschlagnahme ein Angebot zum Abschluss eines angemessenen Mietvertrages macht.

Integration abseits der Ballungsräume ist zumutbar

Da das Grundgesetz im gesamten Bundesgebiet gilt, ist dieses Thema im gesamtdeutschen Maßstab zu sehen. Es mag schwierig sein, in Ballungszentren mit starker Bevölkerungszunahme wie Hamburg oder München genügend Flächen anzumieten. In ländlichen und strukturschwachen Regionen stehen dagegen genügend Wohnungen zur Verfügung. Die Betrachtung darf also nicht auf das einzelne Bundesland beschränkt bleiben, in das die meisten Flüchtlinge strömen. Hierzu sollte der sogenannte Königsteiner Schlüssel geändert werden, mit dem geregelt wird, welches Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen muss. Maßstab hierfür ist derzeit neben der Bevölkerungszahl vor allem das Steueraufkommen. Stattdessen sollte die Verteilung der Flüchtlinge sich danach richten, wo sich ungenutzter Wohnraum befindet. Der teure Abriss von leerstehenden Wohngebäuden im Rahmen des Stadtumbauprogramms Ost sollte sofort überdacht werden. Bereits genehmigte Rückbauvorhaben sollten hinterfragt werden, denn genau diese Wohnungen werden jetzt dringend benötigt. Da diese in der Regel in strukturschwachen Regionen stehen, müsste der Bund diesen Gebieten für die Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur einen entsprechenden Ausgleich zahlen. Dies könnte sogar zu einer generellen Belebung dieser Regionen führen. Die Unterbringung der Flüchtlinge in diesen Gebieten ist zumutbar – und auch die Integration dürfte in einem überschaubaren Umfeld bessere Chancen haben als in einer anonymen Großstadt, in der die Gefahr einer Ghettobildung besteht.

Eigentum ist ein Grundrecht

Es bleibt festzuhalten: Auch wenn die Beschlagnahme einer Immobilie zur Unterbringung von Flüchtlingen rechtlich möglich ist, darf nicht vergessen werden, dass auch das Eigentum an einer Immobilie grundgesetzlich geschützt ist. Zwar muss der Gebrauch des Eigentums auch dem Allgemeinwohl dienen, dies bedeutet aber nicht, dass die öffentliche Hand sich an dem Privateigentum beliebig vergreifen kann. Der Respekt vor dem Eigentum muss auch in der gegenwärtigen krisenartigen Situation gewahrt bleiben. Mit diesem Grundrecht darf nicht fahrlässig umgegangen werden. Eine Beschlagnahme von Immobilien darf nur „das letzte Mittel“ sein.

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