Dear Investors, welcome to Hattersheim!

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Von Moritz Kraneis, Geschäftsführer, Deutsche Zinshaus Gesellschaft mbH

100 Milliarden Euro mögliches Transaktionsvolumen in Deutschland – mit dieser selbstbewussten, aber keinesfalls aus der Luft gegriffenen Prognose ließen die Maklerhäuser Anfang Oktober aufhorchen. Die beachtlichen Ergebnisse an den deutschen Investmentmärkten gehen dabei maßgeblich auf das Wohnsegment zurück: Wohnimmobilien haben sich CBRE zufolge mit einem Volumen von fast 21 Milliarden Euro im dritten Quartal 2021 als stärkste Assetklasse etabliert. Das liegt keineswegs nur an den großformatigen Portfolioverkäufen, die zuletzt die Medien beherrschten, sondern vielmehr daran, dass inbesondere Investoren mit einem hohen Gewerbeflächenanteil im Portfolio für mehr Diversifikation gesorgt haben.

Doch während beim Bürosegment vor allem die Top-Objekte in Bestlagen ihre Stabilität unter Beweis gestellt haben, ist das beim Wohnen keineswegs der Fall. Hierbei zeigen gerade die Innenstädte der Metropolen Überhitzungstendenzen und äußerst niedrige Spitzenrenditen von 2,24 Prozent im Core-Segment – während in der Peripherie sowohl die absoluten Kaufpreise als auch die Mietpreisniveaus, gemessen am Haushaltseinkommen, noch relativ niedrig ausfallen. Zusätzlich ergeben sich seit einigen Jahren Abwanderungstendenzen aus den Kernstädten in Richtung Speckgürtel, sodass besonders die ländlichen Gemeinden in Metropolnähe profitieren.

Hierbei ergibt sich jedoch ein grundsätzliches Problem. Internationale Investoren bevorzugen Deutschland nach wie vor wegen des hohen Sicherheitsniveaus. Wenn ein Investor aus dem Raum Asien-Pazifik oder den USA im Wohnsegment jedoch einen „Safe Haven“ wünscht, würde er aufgrund der konstant positiven Marktdynamik ohne Überhitzungstendenzen sowie aufgrund der höheren Performance am ehesten an Speckgürtel-Standorten wie Hanau oder Hattersheim als im Frankfurter Westend fündig. Viele Investoren wissen jedoch noch nicht einmal von diesen Marktopportunitäten – oder schlichtweg von der Tatsache, dass diese Städte überhaupt existieren. Auf diese Weise allokieren die meisten institutionellen Investoren, die Savills zufolge inzwischen immerhin 49 Prozent des Marktanteils auf sich vereinen, nach wie vor große Teile ihres Kapitals in den vermeintlich sicheren Top-7-Städten.

Hinzu kommt noch eine mögliche Wahrnehmungsverzerrung: Wenn es um ESG im Wohnsegment geht, stehen allzu häufig Forward-Deals für Neubauimmobilien im Mittelpunkt, die nach höchsten energetischen Standards errichtet werden. Doch auch die energetische Modernisierung beziehungsweise Ertüchtigung der Millionen deutscher Bestandsimmobilien ist eine wichtige Stellschraube, um zusammengenommen einen wichtigen Umwelt- und Klimaeffekt zu erzielen. Entsprechend orientierte Investoren können ihre ESG-Ziele also durchaus auch im Segment der Bestandsimmobilien realisieren.

Mein Fazit: Die Immobilienbranche benötigt gerade im Bereich Wohnen noch bessere Netzwerke und mehr Produktaufklärung. Gerade die Märkte in den Regionalzentren sind von institutionellen Investoren bislang nur wenig erschlossen – und im Umkehrschluss haben viele der lokalen Akteure keine ausreichende Verbindung zu den internationalen Investment- und Asset-Managern. Dementsprechend werden sich auf absehbare Zeit Fondslösungen als Plattform durchsetzen, die jeweilige Immobilien zu Portfolios bündeln. Ob es langfristig auch zum verstärkten Direktbesitz kommt und es in einigen Jahren bei der Begehung heißt: „Ladies and Gentlemen, welcome to Hattersheim“, muss sich hingegen erst noch zeigen. Für Investoren, die seit Jahren auf diese Märkte spezialisiert sind, würde es sicherlich positive Auswirkungen haben.

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