Der Nächste bitte: Mietendeckel für Gewerbe

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Jürgen Michael Schick

Der Berliner Senat hat in Sachen Regulierungsvorschläge nachgelegt. Nach dem Mietendeckel für Wohnungen soll jetzt eine Gewerbemietpreisbremse kommen. Gleiches Recht für alle, wird man sich gedacht haben. Am 13. August hat der Senat eine entsprechende Bundesratsinitiative beschlossen. Die Bundesländer sollen demnach die Möglichkeit bekommen, Gebiete mit angespannten Gewerberaummärkten zu bestimmen. Dort sollen die Regelungen der Mietpreisbremse angewendet werden.

Ich frage mich inzwischen, ob der Regulierungseifer den Senat blind für die Wirklichkeit macht – sowohl für die juristische als auch die sachliche. Bei der Mietpreisbremse für Wohnungen machte man sich wenigstens noch die Mühe, auf das Sozialstaatprinzip zu verweisen. Wie aber will man den Eingriff in die Eigentumsrechte von Vermietern von Gewerbeflächen rechtfertigen? Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis, einen Kiosk zu betreiben aber wohl nicht.

Zudem stellt sich die Frage, ob das, was beim Mietwohnungsmarkt schon nicht funktioniert hat, beim Gewerbe klappen sollte. Beim Mietwohnungsmarkt besteht ein eklatanter Angebotsmangel, der die Mietpreise treibt. Bei Gewerbemieten trifft dies nicht zu. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht auf breiter Front von exorbitanten Mietsteigerungen aus angestammten Lagen verdrängt oder an einer Anmietung gehindert.

Von exorbitanten Mietpreissteigerungen für Gewerbe kann in Berlin nur vereinzelt die Rede sein. Dabei handelt es sich vor allem um Toplagen wie den Kurfürstendamm oder die Friedrichstraße sowie angesagte Kieze wie Prenzlauer Berg oder Friedrichshain-Kreuzberg. In vielen Einkaufsstraßen in den Nebenlagen indes haben sich die Mieten in den vergangenen zehn Jahren nur horizontal entwickelt oder sind sogar zurückgegangen. Beispielsweise in der Gorkistraße in Tegel, in der Karl-Marx-Straße in Neukölln oder der Reichsstraße in Charlottenburg. Auffällig ist auch, dass in den Toplagen zwar Vollvermietung herrscht, in den Nebenlagen direkt um die Ecke aber häufig Gewerbeflächen leer stehen. Das widerspricht dem vermeintlichen Befund zu hoher Gewerbemieten.

Es ist nicht so, als ob die Einzelhandelsmieten wegen hoher Nachfrage und Angebotsmangel einfach himmelwärts steigen. Ganz im Gegenteil stehen sie eher unter erheblichem Druck durch den sich ausweitenden Onlinehandel. Der Onlinehandel greift seit mehr als zehn Jahren die Konsumausgabenanstiege der Verbraucher ab. Die Umsätze des stationären Handels hingegen stagnieren auf annähernd demselben Niveau. Viele Einzelhändler reagieren darauf, indem sie einen Teil ihrer Services nur noch online anbieten und ihren Flächenbedarf reduzieren. Gewerbeflächenvermieter haben auf diesen Trend bereits reagiert. Sie reduzieren die angebotenen Flächengrößen. Aus Sicht der Mieter werden Ladenflächen damit auch kostenoptimiert. Dieser Trend zu kleineren Flächen wird sich fortsetzen. Ich kenne auch keinen High-Street-Investor, der jüngst ein überproportionales Mietsteigerungspotenzial in seinen Businessplan geschrieben hätte. Die Onlinekonkurrenz wird nicht verschwinden und der stationäre Einzelhandel wird große Flächen nicht mehr benötigen.

Und der Senat? Treibt jede Woche eine neue Sau durchs Dorf. In den Top Ten der Regulierungshitparade gibt es jetzt mit dem Gewerbemietendeckel also einen neuen Kandidaten im Wettbewerbsfeld der sinnlosesten Ideen. Hoffen wir, dass dieser Berliner Vorschlag – wie so manch anderer vor ihm – auf Bundesebene Kopfschütteln verursacht und dann zu den Akten gelegt wird.

PS: Hoffen wir, dass der Berliner Senat nicht auch bald den Onlinehandel deckeln möchte.

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