Der ökologisch Fußabdruck von Immobilienfonds verschlankt sich weiter

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Thomas Meyer, Vorstand, WERTGRUND Immobilien AG

Wohnimmobilien gelten in der Regel als wertstabil, selbst in Zeiten der Inflation. Dass sie Krisen trotzen können, haben sie längst unter Beweis gestellt. Auch in puncto Nachhaltigkeit hat ein großer Teil der Branche bereits die Trendwende eingeläutet. Ob Projektentwickler oder Bestandssanierer – viele nehmen Kurs auf ESG. Folglich gibt es auch immer mehr Immobilienfonds mit Nachhaltigkeitskriterien, die ihren Anlegern nicht nur stabile Wertentwicklungschancen bieten, sondern auch die Möglichkeit in ökologisch wie sozial optimierte Objekte zu investieren. Doch woran erkennt man einen dort hingehend ausgerichteten Fonds?

Die Einigung der EU auf den European Green Deal war für viele Branchen nach Paris 2015 die logische Konsequenz. Seit er im Dezember 2019 ins Leben gerufen wurde, arbeitet Europas Wirtschaft mit Hochdruck auf das hehre Ziel der Netto-Null-Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 hin. Für den Weg dorthin hat die EU für den Immobiliensektor einige Zwischenziele abgesteckt. So soll gemäß dem aktuellen Vorschlag der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) die Quote der jährlichen Gebäudesanierung bis 2030 verdoppelt werden. Die Frist für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen läuft im Jahr 2040 ab. Für noch mehr Tempo beim CO2-Ausstieg sollen ein neuer Energieausweis ab 2025 und ein verpflichtender Renovierungspass bis 2025 sorgen.

EU-Taxonomie bietet Anlegern Orientierung

Die Transparenzanforderungen und Offenlegungspflichten an nachhaltige Finanzprodukte sind in der Offenlegungsverordnung „Sustainable Finance Disclosures Regulation“ (SFDR) definiert. Darin wird zwischen sogenannten Artikel-6-, Artikel-8 und Artikel-9-Fonds unterschieden. Gemäß EU-Verordnung handelt es sich bei ersteren um Finanzprodukte, die offenlegen müssen, in welchem Umfang sie Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen oder auch nicht. Artikel-8-Fonds müssen die Nachhaltigkeitsmerkmale transparent im Jahresbericht darlegen. Sie werden landläufig auch als „hellgrün“ bezeichnet. Die Kennung „dunkelgrün“ tragen Artikel-9-Fonds, die eine Nachhaltigkeitswirkung anstreben oder ein explizites Nachhaltigkeitsziel im Sinne der UN verfolgen. Solche als Impact-Fonds bezeichnete Investments müssen den Grad ihrer Wirkung messen und nachweisen.

Für alle Finanzanlageprodukte gelten ab 2. August 2022 neue Regeln

Ab 2. August 2022 tritt die Neufassung der sogenannten „Markets in Financial Instruments Directive“ (MiFID II) in Kraft. Anleger müssen von diesem Stichtag an im Rahmen der Finanzberatung nach ihren Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt werden. Die Frage wird – nach Erläuterung der verschiedenen Nachhaltigkeitsgrade – in etwa lauten: „Möchten Sie nachhaltig investieren und bevorzugen Sie ein entsprechendes Produkt gegenüber einem weniger nachhaltigen Fonds?

Angeboten werden können dann nur Fonds, die zusätzlich bestimmte Kriterien der EU- Taxonomie erfüllen und den Vorgaben der MiFiD II Richtlinie entsprechen. Sie legen je nach Ausrichtung des Fonds fest, dass ein bestimmter Anteil des Fondsportfolios den gleichen, besonders hohen Anforderungen gerecht werden muss wie ein „Impact“-Produkt. Demgemäß müssen die wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren im Rahmen der Fondsstrategie berücksichtigt werden. Es genügt also nicht, bestimmte ökologische und soziale Faktoren auszuweisen. Vielmehr müssen auch konkrete Angaben zu bestimmten Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, der Achtung der Menschenrechte sowie der Bekämpfung von Korruption und Bestechung gemacht werden. Fonds, deren Strategie diese Vorgaben erfüllen, fallen unter die Kategorie der „Artikel-8-Plus-Fonds“. Damit bietet die MiFiD Richtlinie Anlegern eine fundierte Entscheidungsgrundlage und steuert gleichzeitig dem Greenwashing entgegen.

Die Messlatte für „Nachhaltigkeit“ liegt hoch

Kaum war die SFDR verabschiedet, stieg die Zahl der Artikel-8-Fonds sprunghaft an. Um sicherzustellen, dass diese Fonds Anlegern tatsächlich als nachhaltige Anlageprodukte empfohlen werden können, hatte die BaFin in ihren im April 2021 als Entwurf veröffentlichten Leitlinien die Messlatte versucht nochmal deutlich höher zu legen. Die Idee des deutschen Alleingangs in diesem Bereich wurde zwischenzeitlich gestoppt und zunächst zurückgezogen. Die Diskussion läuft, das Ende ist offen. Über die MiFiD II Richtlinie ist die „8-Plus“ erst mal gesetzt. Grundsätzlich ist die Problematik des Grünwaschens nicht von der Hand zu weisen. Somit wird der Vorstoß der BaFin für Deutschland nicht der einzige bleiben, zumal die Regulierung keineswegs final ist. Bei der Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten hat die EU einen Klimaschwerpunkt gesetzt. Mittlerweile wurde aber schon ein Abschlussbericht zur sozialen Taxonomie veröffentlicht. Hier liegt der Fokus auf unternehmerischen Sorgfaltspflichten hinsichtlich Sozial- und Arbeitsstandards.  Das stellt gerade Asset Manager von Immobilienfonds vor große Herausforderungen.

Welche ESG-Kriterien können Immobilien darstellen? 

Mit einer konsequenten ESG-Strategie können Asset Manager von Immobilienfonds viel bewegen – etwa indem sie in Projekte investieren, die sich durch eine klimaschonende Bauweise und geringen Flächenverbrauch auszeichnen oder sich regelmäßig um eine Bestandsoptimierung bemühen. Ökologische Verbesserungen können beim Neubau durch Nachverdichtung unbebauter Bereich sowie eine Dachaufstockung erzielt werden. Bestandsimmobilien profitieren von einer verstärkten Nutzung regenerativer Energien, der Erzeugung von Solarstrom mittels Photovoltaikanlagen, der Nutzung von Regenwasser oder einem durchdachten Abfallmanagement. Positive gesellschaftliche Aspekte ergeben sich aus der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder einer sinnhaften Quartiers- und Nachbarschaftsentwicklung mit Inklusions- und Mehrgenerationenwohnen sowie preisgebundenen Wohneinheiten. Angaben zur Methodik, Messung, Überwachung und Bewertung finden Anleger in den jeweiligen Verkaufsprospekten wie auch in den Jahresberichten.

Artikel 8-Plus ist für Immobilienfonds ein Gütesiegel

Wir glauben, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Wenn ein Anleger ab dem 2. August eine Investition in einen Immobilienfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen präferiert, dann ist er mit einem Artikel-8-Plus Fonds bestens bedient. Denn nur Fonds mit Nachhaltigkeitspräferenzen gemäß der überarbeiteten Richtlinie MiFID II dürfen ab da an diese Anlegergruppe vertrieben werden. Die „8-Plus“ steht dann gewissermaßen für die Tatsache, dass in der Immobilienbranche – mit ihren auf diese Anforderungen zugeschnittenen Produkten – der Wandel im vollen Gang ist.

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