Die Nebenkostenkatastrophe in Zahlen
Die massiv gestiegenen Energiepreise führen zu einem empfindlichen Wohlstandsverlust über alle Bevölkerungsschichten hinweg, der allerdings für einkommensschwache Familien besonders dramatische Folgen hat. Eine Studie von d.i.i. und dem Institut der deutschen Wirtschaft liefert eine konkrete Quantifizierung dieser Entwicklung und leitet Schlussfolgerungen ab.
Die Energiepreisinflation, ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, birgt heftigen sozialen Sprengstoff. Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind die Energiekosten so stark gestiegen, dass die Wohnnebenkosten einen erheblichen Teil der Bevölkerung in Deutschland in ihrer finanziellen Existenz bedrohen. Staatliche Hilfen und eine zwischenzeitliche leichte Entspannung an den Energiemärkten ändern an diesem Zustand nichts.
Das dritte Gutachten „Wohnnebenkosten in Deutschland“ von d.i.i. und dem Institut der deutschen Wirtschaft belegt die dramatische Entwicklung mit Zahlen. Demnach haben sich im Jahr 2022 die Abschlagszahlungen für warme Nebenkosten um durchschnittlich 48 Prozent erhöht. In Wohnungen, die hauptsächlich mit Gas beheizt werden, liegt der Anstieg im Schnitt bei sogar 56 Prozent. Das betrifft den Erhebungen zufolge mehr als die Hälfte der Wohnungen in Deutschland. Ein weiteres knappes Viertel der Wohnungen wird mit Heizöl beheizt, was ebenfalls mit erheblich gestiegenen Kosten verbunden ist.
Das bedeutet für die meisten Haushalte eine spürbare finanzielle Mehrbelastung und führt dazu, dass ein immer größerer Anteil der verfügbaren Wohnungen für die Haushalte nicht mehr erschwinglich ist. Da einkommensschwache Haushalte davon besonders stark betroffen sind, fordern die Autoren der Studie um Professor Michael Voigtländer, dass sich staatliche Hilfen zur Abfederung der hohen Energiekosten auf diese Bevölkerungsgruppe konzentrieren sollte.
Die Untersuchung differenziert nach unterschiedlichen Haushaltsgrößen. Demnach ist sowohl für Singlehaushalte als auch für vierköpfige Familien im Durchschnitt ein weitaus kleinerer Teil der auf dem Markt angebotenen Wohnungen noch bezahlbar als ein Jahr zuvor. Familien sind allerdings stärker betroffen. So konnte sich das einkommensschwächste Fünftel der Familien 2021 noch 37 Prozent der angebotenen Wohnungen leisten, im abgelaufenen Jahr waren es nur noch 28 Prozent.
Die Autoren listen die theoretischen Möglichkeiten für die Haushalte auf, sich an die neue Situation anzupassen: weniger heizen, Umzug in eine kleinere oder weniger hochwertige Wohnung oder Einsparungen an anderer Stelle, um die gestiegenen Mietkosten zu finanzieren. Sie weisen aber auch darauf hin, dass angesichts knapper Budgets und begrenzten Angebots insbesondere für einkommensschwächere Familien jede dieser Optionen eine Herausforderung darstelle.
Mittelfristig erwarten die Forscher, dass die Nebenkostenentwicklung die Anreize für energetische Sanierungen erheblich verstärkt. Damit dieses Potenzial auch genutzt wird, fordern sie Nachbesserungen bei der Rahmensetzung durch die Politik. So sei etwa die Förderpolitik berechenbarer zu gestalten und die Regeln zur Modernisierungsumlage seien an die gestiegenen Zins- und Baukosten anzupassen.
Zudem sollten Wohnungsunternehmen konsequenter die Möglichkeiten nutzen, die Auswirkungen der gestiegenen Energiepreise auf ihre Mieter zu minimieren. Dazu gehöre zum Beispiel eine vorausschauende Beschaffungspolitik mit langfristigen Rahmenverträgen mit Versorgern.
Lesen Sie hier die vollständige Studie: Wohnnebenkosten in Deutschland (diirekt.de)