Die „Ratten“ und der „Fairer-Vermieter-Führerschein“ der Grünen

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann
Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Stimmungsmache gegen Vermieter ist an der Tagesordnung – und täglich gibt es neue Ideen für eine Regulierung des Wohnungsmarkts. Grüne in Berlin fordern jetzt sogar einen „Vermieterführerschein“.

„Eine Frau aus Bochum hat zusammen mit 300 Ratten gewohnt. Schöne Abwechslung. Normalerweise vermietet ja eine Ratte 300 Wohnungen.“ Jeder hat eine andere Art von Humor. Das ist „Humor“ à la öffentlich-rechtlicher Rundfunk, in diesem Fall WDR-Satire. Vermieter als Ratten. Was man mit Ratten macht, konnte man auf manchen Demonstrationen in Berlin lesen, wo es etwa auf einem Plakat hieß: „Kill your landlord“ (deutsch: Töte deinen Vermieter).

Mieterfalle Indexmieten?

Das ARD-Mittagsmagazin brachte einen Beitrag über Indexmieten, die als „Mieterfalle“ bezeichnet werden.

Das ist eine grobe Irreführung. Indexmieten sind fair, weil die realen Mieten für beide Seiten immer gleich hoch bleiben – für Vermieter und Mieter. Ich habe schon vor 20 Jahren mit vielen Mietern Indexmietverträge vereinbart. Das hieß für mich: Ich habe bewusst darauf verzichtet, die Mieten so stark zu erhöhen, wie es rechtlich ansonsten möglich gewesen wäre. Die Mietanhebungen in diesen Wohnungen waren weit unter den durchschnittlichen Mieterhöhungen für Wohnungen ohne Indexmietvertrag – weil die Inflation über viele Jahre bei zwei Prozent oder tiefer lag. In manchen Jahren, so etwa 2009 oder 2014, 2015 und 2016, lag sie sogar unter einem Prozent.

In diesen Jahren, in denen die Mieten für andere Mieter in Berlin rasant stiegen, stiegen sie für meine Mieter nur um etwa 0,5 Prozent. Diese Mieter haben sich viele Jahre über nur minimale Mietsteigerungen gefreut, die ganz deutlich unter den hohen Mietsteigerungen lagen, die die Mehrheit der Mieter zu beklagen hatte. Die Kehrseite ist natürlich, dass die Mietanhebungen in Jahren, in denen die Inflation höher ist – also wie aktuell –, darüber liegen.

Noch vor wenigen Jahren waren Indexmieten sogar bei Sozialdemokraten so beliebt, dass sie ausdrücklich eine besondere Variante des Mietendeckels forderten, wonach die Mieten nur in Höhe der Inflationsrate angehoben werden durften. Indexmietverträge sollten also zur Pflicht gemacht werden.

Diese Forderung wurde genau so lange erhoben, wie die Inflation niedriger war als die durchschnittliche Mietpreisentwicklung. Und jetzt? Jetzt fordern SPD, Grüne und Linke, genau diese eben noch gepriesenen Indexmietverträge zu verbieten.

Ich denke, manchen Vertretern dieser Parteien wäre ein Gesetz am liebsten, das Indexmietverträge in Zeiten niedriger Inflation vorschreibt und in Zeiten hoher Inflation verbietet – immer so, wie es gerade passt.

Enteignung oder „Fairer-Vermieter-Führerschein“?
Über 56 Prozent der Berliner hatten im September 2021 bei dem Volksentscheid für eine Enteignung großer Wohnungsgesellschaften gestimmt, weil sie diese offenbar als Verantwortliche für den Wohnungsmangel betrachten. Zwar kann man an der Rechtmäßigkeit dieses Entscheids zweifeln, der am gleichen Tag wie die unrechtmäßig durchgeführte Wahl in Berlin stattfand, aber da niemand dagegen geklagt hat, muss der Volksentscheid – anders als die Wahlen – nicht wiederholt werden.

Die Grünen-Spitzenkandidatin in Berlin, Bettina Jarasch, will solche Enteignungen ausdrücklich nicht ausschließen, aber sie hat noch andere Ideen: Sie forderte vor einigen Tagen im rbb einen „Vermieterführerschein“ und kündigte ein entsprechendes „Wohnungswirtschaftsgesetz“ an. Danach dürften Vermieter nur noch dann vermieten, wenn sie von der Politik einen „Fairer-Vermieter-Führerschein“ bekämen, der beispielsweise zur Voraussetzung habe, dass man als Vermieter „immer auch bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellt“.

Da sich Vermieter ohnehin an die restriktiven Regelungen zur Miethöhe (z. B. Mietpreisbremse, Kappungsgrenze) halten müssen, fragt man sich, was damit gemeint ist. Und was dem Vermieter passiert, der bei der grünen „Führerscheinprüfung“ durchfällt. Wird der dann enteignet?

Neubau verbieten?
Das ist Stimmungsmache nach dem Motto „Der Dieb ruft: ‚Haltet den Dieb!‘“ Denn verantwortlich für die Wohnungsnot in Berlin ist niemand anderes als die rot-grüne Politik. Investoren wurden und werden wie Feinde behandelt, statt ihnen den roten Teppich auszurollen, damit sie mehr investieren. Die Zahl der Wohnungsbauprojekte, die durch die rot-rot-grüne Politik in Berlin verhindert wurden, ist Legion. Mit dem Berliner Mietendeckel wurden weitere Investoren verschreckt – und erst das Bundesverfassungsgericht konnte diese Maßnahme mit der Feststellung beenden, dass sie verfassungswidrig war.

Populär bei Antikapitalisten ist derzeit insbesondere die taz-Redakteurin Ulrike Herrmann. Ihr Buch „Das Ende des Kapitalismus“ steht auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Und sie fordert direkt das Verbot des Neubaus von Wohnungen, da dies klimaschädlich sei. In dem Kapitel „Wie wir in Zukunft leben“ entwirft sie ihr Modell einer Alternative zum Kapitalismus: „Immobilien müssen rationiert werden“, fordert sie. „Wenn der Flächenfraß enden soll, dürfen nicht ständig neue Erstwohnungen, Zweitwohnungen, Ferienhäuser, Büros und Gewerbegebiete entstehen. Die Bauten, die jetzt in Deutschland sind, müssen für alle reichen.“

Der Wohnraum solle „gerecht“ verteilt werden und es „wäre kein Bürgerrecht mehr, die selbst genutzte Wohnfläche ständig zu vergrößern“. Herrmann räumt ein, eine solche Rationierung klinge „unschön“: „Aber vielleicht wäre das Leben sogar angenehmer als heute, denn Gerechtigkeit macht glücklich“, so tröstet sie.

Weltfremde Fantasien einer Antikapitalistin? Mag sein. Aber vieles, was man noch vor einigen Jahren für unmöglich gehalten hätte, ist inzwischen längst Wirklichkeit – so etwa, dass Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke abgestellt werden und Fracking verboten ist. Funktioniert in der Praxis nicht? Nun, das hat Ideologen noch nie gestört.

Nichts aus der Geschichte gelernt
In 100 Jahren sind insgesamt 24 Experimente mit sozialistischer Planwirtschaft gescheitert, und trotzdem träumen auch heute wieder viele von Verstaatlichungen und Planwirtschaft. Man hat offenbar nichts aus der Geschichte gelernt. In der DDR gab es einen Mietendeckel und der Großteil der Mietwohnungen waren Staatswohnungen – also ganz so, wie es sich heute viele wieder wünschen. Und was war das Ergebnis?

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands waren die Wohnungen in Ostdeutschland und Berlin in einem katastrophalen Zustand. 1989, als die DDR am Ende war, wurden 65 Prozent aller Wohnungen – die 3,2 Millionen Nachkriegsbauten eingerechnet – noch mit Kohleöfen beheizt. 24 Prozent hatten keine eigene Toilette und 18 Prozent kein Bad. Die Ausstattung mit Fahrstühlen, Balkonen und modernen Küchen war noch geringer. 40 Prozent der Mehrfamilienhäuser galten als schwer geschädigt, elf Prozent sogar als gänzlich unbewohnbar.

Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel meinte in seinen Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte: „Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dies, dass Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.“

Rainer Zitelmann ist Autor des Buchs „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten“ https://anti-antikapitalisten.de/

 

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