Einige überraschende Fakten zum Kapitalismus

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Heute möchte ich mal nichts über Immobilien schreiben, sondern über Kapitalismus und Sozialismus. Viele sehnen sich heutzutage wieder nach sozialistischen Lösungen – wie etwa der Verstaatlichung von Wohnungsgesellschaften –, aber ich vertrete bekanntlich eine Gegenthese: „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung.“ Diese Aussage überrascht viele Menschen. Hier sind einige Fakten, die in der Diskussion oft zu kurz kommen.

Armut: Bevor der Kapitalismus entstand, lebten die meisten Menschen auf der Welt in extremer Armut. Man schätzt, dass vor 200 Jahren ungefähr 20 Prozent der Einwohner Englands und Frankreichs gar nicht arbeitsfähig waren. Sie hatten höchstens genug Kraft, um täglich ein paar Stunden langsam zu gehen, wodurch sie zeit ihres Lebens zum Betteln verurteilt waren.

1820 betrug die Quote der Menschen, die in extremer Armut lebten, weltweit 90 Prozent. Inzwischen ist sie unter zehn Prozent gesunken. Das Bemerkenswerte: In den vergangenen Jahrzehnten, seit dem Ende der sozialistischen Planwirtschaft in China und anderen Ländern, hat sich der Rückgang der Armut so stark beschleunigt wie in keiner Phase der Menschheitsgeschichte zuvor. 1981 lag die Quote noch bei 42,7 Prozent, im Jahr 2000 war sie bereits auf 27,8 Prozent gesunken und 2021 lag sie unter zehn Prozent.

Der „Global Multidimensional Poverty Index“ der Vereinten Nationen misst verschiedene Formen der Armut (bezüglich Gesundheit, Lebensstandard und Bildung) in 80 Entwicklungsländern. Vergleicht man diesen Index mit dem der wirtschaftlichen Freiheit (der zeigt, wie kapitalistisch ein Land ist), dann sieht man, dass 35,3 Prozent der Menschen in wirtschaftlich unfreien Entwicklungsländern in „Multidimensional Poverty“ leben, aber nur 7,9 Prozent der Menschen in überwiegend wirtschaftlich freien Entwicklungsländern.

Kinderarbeit: Die Kinderarbeit nahm in den vergangenen Jahrzehnten deutlich ab. Im Jahr 2000 arbeiteten weltweit 246 Millionen Kinder, 20 Jahre später – im Jahr 2020 – waren es nur noch 160 Millionen. Und dies obwohl die Weltbevölkerung im gleichen Zeitraum von 6,1 auf 7,8 Milliarden Menschen anstieg.

Wohlstand: Im Jahr 1 unserer Zeitrechnung betrug das Bruttosozialprodukt pro Einwohner in Westeuropa 576 Internationale Dollar, im globalen Durchschnitt waren es 467. In der vorkapitalistischen Zeit, vom Jahr 1 bis zum Jahr 1820, verdoppelte es sich in Europa lediglich. Und in der kurzen Zeit von 1820 bis 2003, als der Kapitalismus sich durchsetzte, stieg es dann in Westeuropa von 1.202 auf 19.912 Internationale Dollar und in den anderen kapitalistischen Ländern des Westens sogar auf 23.710 Internationale Dollar.

Und heute? Der „Index of Economic Freedom“, den die Heritage Foundation erstellt, zeigt, dass die kapitalistischsten Länder im Durchschnitt ein Bruttosozialprodukt pro Kopf von 71.576 Dollar haben. Bei den überwiegend freien Ländern sind es noch 47.706 Dollar. Am anderen Ende rangieren die überwiegend unfreien und die gänzlich unfreien Länder, in denen das Bruttosozialprodukt pro Kopf nur 6.834 beziehungsweise 7.163 Dollar beträgt.

Hunger: Die größten menschengemachten Hungerkatastrophen ereigneten sich in den vergangenen 100 Jahren im Sozialismus. Im Zuge des größten sozialistischen Experiments der Menschheitsgeschichte, Maos „Großem Sprung nach vorn“, starben in China zwischen 1958 und 1962 etwa 45 Millionen Menschen. Durch die Hungersnot, die in Russland nach der bolschewistischen Revolution in den Jahren 1921/22 herrschte, starben gemäß offiziellen Angaben der „Großen Sowjet-Enzyklopädie“ von 1927 fünf Millionen Menschen. Die höchsten Schätzungen gehen sogar von zehn bis 14 Millionen Hungertoten aus. Nur ein Jahrzehnt später löste Josef Stalin durch die sozialistische Kollektivierung der Landwirtschaft und die „Liquidierung der Kulaken“ die nächste große Hungersnot aus, der sechs bis acht Millionen Menschen zum Opfer fielen. „Beim Begriff ‚Hungersnöte’“, schreibt der Sinologe Felix Wemheuer in seinem Buch „Der Große Hunger“, „denken die meisten als Erstes an Afrika. Im 20. Jahrhundert starben jedoch 80 Prozent aller Opfer von Hungersnöten in China und der Sowjetunion.“ Gemeint sind damit nicht die Millionen Opfer täglicher Unterernährung und mangelnder Gesundheitsvorsorge. Stattdessen wird Hungersnot als Ereignis definiert, durch welches sich die Sterblichkeitsraten gegenüber dem in dem jeweiligen Land „normalen“ Maß sprunghaft erhöhen. Eine andere Zahl: Das Ende des Kommunismus in China und der Sowjetunion war ein Faktor, der maßgeblich dazu beitrug, dass der Hunger von 1990 bis 2017 um 42 Prozent zurückging.

Wohnungsnot im Sozialismus: 1989, als die DDR am Ende war, wurden 65 Prozent aller Wohnungen – die 3,2 Millionen Nachkriegsbauten eingerechnet – noch mit Kohleöfen beheizt. 24 Prozent hatten keine eigene Toilette und 18 Prozent kein Bad. Der Anteil der Ausstattung mit Fahrstühlen, Balkonen und modernen Küchen war noch geringer. 40 Prozent der Mehrfamilienhäuser galten als schwer beschädigt, elf Prozent sogar als gänzlich unbewohnbar.

 

Rainer Zitelmann ist Autor des Buchs „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ (https://kapitalismus-ist-nicht-das-problem.de/).

Im Februar erscheint sein neues Buch „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten“ (https://anti-antikapitalisten.de/).

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