Erschwinglichkeit sagt mehr als die Kaufpreisentwicklung

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Jürgen Michael Schick, MRICS

Es gibt Investoren und Anleger, die beim Blick auf den heutigen Immobilienmarkt noch immer die Kaufpreise vor drei oder vier Jahren im Auge haben. Diese potenziellen Interessenten tun sich zum Teil schwer damit, der heutigen Preisentwicklung zu folgen. Zu teuer erscheint ihnen der deutsche und neuerdings auch der Berliner Immobilienmarkt. Ist der Markt für Zinshäuser oder auch für Kapitalanlagewohnungen mittlerweile unattraktiv geworden? Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es neben der reinen Preisentwicklung noch andere Faktoren gibt, die über die Attraktivität des Immobilienmarktes entscheiden. Seit einigen Jahren veröffentlicht der Immobilienverband IVD den sogenannten Erschwinglichkeitsindex. Hintergrund ist der Gedanke, die Leistbarkeit, also die Erschwinglichkeit von Immobilien zu messen. Für die wissenschaftliche Ermittlung des Wertes werden neben den aktuellen Immobilienpreisen auch die Zinsen für Immobilienkredite und die am jeweiligen Investitionsstandort erzielten Nettolöhne berücksichtigt.

Entgegen dem Gefühl, gestiegene Kaufpreise machten eine Investition heute nicht mehr so interessant wie früher, wird beispielsweise beim Blick auf die Eigentumswohnungen deutlich, dass trotz gestiegener Preise die Erschwinglichkeit für Wohneigentum auf einem sehr hohen Niveau liegt. Durch das niedrige Zinsniveau und die gestiegenen Einkommen ist Wohneigentum für Berliner Käufer heute sogar leistbarer, das heißt erschwinglicher, als in den allermeisten Jahren der Vergangenheit. Ähnlich verhält es sich auch bei größeren Investitionen, z.B. in Zinshäuser oder Wohnanlagen, wobei hier naturgemäß nur die Kaufpreise und das Zinsniveau in Relation gezogen werden sollten. Bei Eigentumswohnungen liegt der aktuell ermittelte Erschwinglichkeitsindex nunmehr bei einem Wert von 154,5. Umgerechnet bedeutet das, dass ein Haushalt für die Finanzierung einer eigenen Wohnung 470,00 € im Monat ausgeben muss. In den zurückliegenden Jahren mussten Berliner Haushalte deutlich höhere Belastungen tragen, um sich eine vergleichbare Eigentumswohnung zu leisten.

Für den Erschwinglichkeitsindex wurden die Preise für Eigentumswohnungen (90 m²) in Berlin zugrunde gelegt. Neben den aktuellen Immobilienpreisen wurden die jeweiligen Zinsen für Wohnungskredite verwendet. Bei der monatlichen Belastung für das Annuitätendarlehen wurde von einem Zeitraum von 30 Jahren für die vollständige Tilgung des Immobilienkredits ausgegangen. Der Berechnung wird zugrunde gelegt, dass die Eigentumswohnung mit 25% Eigenkapital und 75% Fremdkapital finanziert wird. Auch professionellen Investoren, die in größere Assets investieren, ist diese Relation nicht unbekannt. Im Ergebnis bedeutet die hohe Erschwinglichkeit, dass die gestiegenen Nettolöhne und die auf einem historischen Zinstief befindlichen Wohnungskredite die angestiegenen Kaufpreise kompensiert, ja zum Teil sogar überkompensiert haben. Wer auf den ersten Blick dachte, die Preissteigerungen, die sich in diesem Teilmarkt in Berlin ab 2011 gezeigt haben (davor verliefen die Preise lange Jahre seitwärts, davor kannten sie nur eine Abwärtsbewegung), dem wird deutlich, dass die Erschwinglichkeit höher ist als gedacht. Der höchste Indexwert für Wohnungen in Standardlage der Berliner Bezirke wird übrigens in Reinickendorf erreicht. Hier müssen Berliner nur 367,00 Euro pro Monat für eine Eigentumswohnung ausgeben. Im Verhältnis am unerschwinglichsten und damit am relativ teuersten ist Friedrichshain-Kreuzberg. Dies liegt an den zum Teil teuren Kaufpreisen und an dem im Verhältnis noch niedrigen Reallohnniveau. Auch Profi-Investoren sollten angesichts dieser Ergebnisse überprüfen, ob der reine Blick auf die nominalen Kaufpreise ein gültiges Bild des jeweiligen Immobilienmarkts darstellt. In der Regel wird ein Faktor von 20- oder 25-fach heute günstiger zu finanzieren sein, als ein Objekt zum 15- oder 18-fachen vor wenigen Jahren.

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