Gibt der Rückgang beim Neubau Rückenwind für Bestandsimmobilien?

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Jürgen Michael Schick, FRICS

Die Bauzinsen steigen, die Materialkosten ziehen weiter an und die nötige Förderung ist weg. Viele Neubauprojekte müssen umgeplant werden. Zahlreiche Bauvorhaben bleiben im aktuellen Marktumfeld sogar ganz auf der Strecke und werden gar nicht mehr errichtet. Banken fordern mehr Eigenkapital von Projektentwicklern. Manche Institute prüfen mittlerweile die Bonität des Generalunternehmers so intensiv wie die Bonität des Bauträgers. Die kritische Abverkaufsquote von 50 Prozent, die für zahlreiche Baufinanzierungen nötig ist, wird immer schwerer erreicht. Parallel dazu ziehen sich einige institutionelle Investoren vom Markt zurück oder denken darüber nach, ihre Immobilienquote zu verringern. Da solche Strategieänderungen meistens von längerer Dauer sind, sind es oftmals auch diese institutionellen Player, die den besten Zeitpunkt zum Wiedereinstieg oder zum Nachkaufen verpassen, während private und gewerbliche Akteure den Immobilienmarkt mit seinen Chancen längst wieder für sich erkannt haben.

Aus all diesen Gründen kommen derzeit nicht wenige Baugrundstücke wieder auf den Markt. Aber nicht, um sie mit Gewinn weiter zu handeln, sondern weil sich die ursprüngliche Planung nicht mehr realisieren lässt. Im Ergebnis entsteht deutlich weniger Neubau, als erforderlich wäre. Doch in den Metropolen bleibt der Wohnungsmarkt eng. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist unverändert hoch. Die Fertigstellungen im Neubau werden jedoch aus den genannten Gründen spürbar zurückgehen. Der fromme Wunsch der Ampel-Koalition von 400.000 neuen Wohnungen jedes Jahr ist nicht erreichbar.

Was bedeutet das für Eigentümer und für Verkäufer von Bestandsimmobilien? Auch am Wohninvestmentmarkt sind die Marktveränderungen zu spüren, insbesondere die Folgen der gestiegenen Zinsen. Überhöhte Fantasiepreise lassen sich heutzutage nicht mehr realisieren. Wie stabil der Markt für vermietete Immobilien bleibt oder wie groß der Druck auf die Preise tatsächlich wird, das werden wir im dritten und vierten Quartal dieses Jahres sehen. Auch wenn bei manchen Interessenten das Motto „Wait and see“ vorherrscht und der Markt zunächst einmal beobachtet werden soll, bleiben Zinshäuser und Wohnanlagen weiter nachgefragt. Ob und in welcher Höhe es zu Preiskorrekturen kommt, hängt auch von Lage und Qualität der Immobilien ab.

Der Rückgang beim Neubau – und dazu muss man kein Prophet sein – macht eine scharfe Preiskorrektur bei Bestandsimmobilien eher unwahrscheinlich. Natürlich überwiegen bei den meisten Investoren die Wirtschaftlichkeitskriterien. Zinshäuser und Wohnanlagen müssen sich in dem geänderten Marktumfeld rechnen. Angesichts der hohen Nachfrage nach Wohnraum in den angespannten Wohnungsmärkten bietet der Rückgang beim Neubau zugleich Rückenwind für den Markt mit bestehenden Immobilien.

Der Immobilienmarkt 2022 ist eben auch ein Markt voller Chancen.

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