Hofbebauung als Lösungsansatz modernen städtischen Wohnens

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Sebastian Fischer, Vorstand, Primus AG

Es ist ein ehrenwertes städtebauliches Ziel, wenn Kommunen versuchen, mehr soziale Vielfalt in Stadtvierteln zu schaffen. Die vergangenen Jahrzehnte zeugen indes eher von misslungenen Beispielen. So kam es durch den sozialen Wohnungsbau vor allem in den 1960er und 1970er Jahren verstärkt zu einer Ghettobildung in den entstandenen Hochhaussiedlungen.

Gegenwärtig besteht eher die Gefahr, dass Stadtviertel im innerstädtischen Raum von Gutverdienern dominiert werden könnten. Denn für einen Teil der Bevölkerung ist dort neu geschaffener Wohnraum nicht mehr finanzierbar, vor allem nicht in unseren Großstädten. Häufige Ursache ist das zu geringe Flächenangebot in beliebten Lagen. Ein aktuelles städtebauliches Ziel ist daher die Nachverdichtung, zumindest dort, wo Baustrukturen es zulassen: in Innenhöfen, auf Parkplätzen und auf brachliegenden Flächen.

Die Konzentration vermögender Bewohner auf zentrale Lagen betrifft nicht allein deutsche Metropolen. In London oder New York ist sie längst vorherrschende Praxis. Insbesondere die deutsche Bundeshauptstadt steht nun aber vor der Herausforderung, die bestehende soziale Vielfalt zu erhalten – gerade das ist es, was die Menschen an der Stadt so lieben. Ein möglicher Lösungsansatz sozialer Problemfelder könnte etwa die Hofumbauung der Gründerzeit sein, vielen besser bekannt unter dem Begriff „Hinterhöfe“.

Die Hofumbauung gilt als Symbol für soziale Durchmischung bei ursprünglich hoher Dichte. Die Vielfalt für ein soziales Miteinander liegt vor allem in einer größeren Zahl unterschiedlicher Raumangebote. Vorderhaus, Seitenflügel, Hinterhaus, Gartenhaus: Es geht um verschiedene Lagequalitäten und die Variabilität an Grundrissen. Gerade in Berlin ist die Hofumbauung vermehrt zu finden, etwa im Stadtteil Prenzlauer Berg. Ganz unterschiedliche Menschen leben dort sehr harmonisch miteinander: Jung und Alt, Singles und Familien, Student oder vermögender Unternehmer.

Negative Eigenschaften wie mangelnder Lichteinfall und eine fehlende Durchlüftung sind durch die heute oftmals deutlich geringere Dichte der Blöcke entschärft. Und selbst wenn eine gewisse Dichte hier und da noch besteht, hat sie einen gewissen historischen Charme.

Inzwischen ist es geboten, die Berliner Hofstruktur modern zu übersetzen. Es gibt interessante Ansätze dafür: statt komplett geschlossener Höfe eine lockere Hoffolge mit versetzten Baukörpern, schlankere Gebäude im Vergleich zum historischen Vorbild, attraktive Freiflächen- und Spielflächengestaltung statt Kopfsteinpflaster und Dachgärten als zusätzliche Grünflächen. Darüber hinaus entstehen weitere neue Wohnformen. Immer häufiger vereinen Quartiere inzwischen sowohl Wohnen als auch Gewerbe. Büro und Wohnung schließen sich nicht länger aus, sondern befinden sich mit unterschiedlichen Hauszugängen im selben Gebäudeensemble.

Natürlich muss die Lösung stets zur jeweiligen Situation passen. Selbstverständlich dürfte auch sein, dass Höfe kein Allheilmittel für die Probleme unserer urbanen Zentren sind.

Der Kerngedanke der Hofumbauung dient Stadtplanern als Positivbeispiel, wenn sie die Überlegung anstellen müssen, wie die Dominanz einer einzelnen gesellschaftlichen Schicht eines Stadtviertels verhindert werden kann. Hinterhofbebauung als ein geeigneter Ansatz für mehr Wohnraum bei einem möglichen sozialen Miteinander: Es könnte einen Versuch wert sein.

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