Renditeperlen im Ruhrgebiet

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Ralph Reinhold, Vorstand, Omega AG

Der deutsche Investmentmarkt für Wohnimmobilien hat im vergangenen Jahr einen Rekord erzielt: JLL zufolge betrug das Transaktionsvolumen etwa 50 Milliarden Euro – und damit fast das Dreifache des bisherigen Fünf-Jahres-Durchschnitts. Das ist natürlich ganz wesentlich auf die Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia zurückzuführen, doch selbst ohne diese 23,5 Milliarden Euro schwere Transaktion lag das Volumen deutlich über den Vorjahren.

Wohninvestments in Deutschland sind bei privaten wie institutionellen Investoren aus dem In- und Ausland begehrt, weil sie einerseits als sicherer Hafen gelten und andererseits relativ verlässliche Erträge erwirtschaften. Bemerkenswert ist dabei nach wie vor, wie stark sich das Transaktionsgeschehen auf die Big-7-Städte konzentriert: Im vergangenen Jahr waren es 69 Prozent (41 Prozent bei Herausrechnung von Vonovia/Deutsche Wohnen), obwohl nur zwölf Prozent der Bevölkerung dort leben.

Die „größte Stadt“ Deutschlands wird oft übersehen

Insbesondere die eigentlich – mit Augenzwinkern – „größte Stadt“ Deutschlands wird oftmals übersehen: das Ruhrgebiet. In Nordrhein-Westfalen konzentriert sich die Aufmerksamkeit überregionaler Investoren größtenteils auf die Rheinschiene. Das Städteband nordöstlich davon mit fünf Millionen Einwohnern, sechs DAX- und MDAX-Konzernen, fünf Universitätsstandorten und einem der wichtigsten Binnenhäfen und Logistikhubs Europas wird dagegen überwiegend regionalen Bestandshaltern überlassen.

Die Ursachen liegen eher im Image des einstigen Kohlenpotts und in der Unkenntnis vieler Marktteilnehmer als in einem Mangel an attraktiven Anlagemöglichkeiten. Keine Frage, die großen Herausforderungen der Region sind unbestritten: anhaltender Strukturwandel, überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit, Wegzug, verschuldete Kommunen. Einige Ruhrgebietsstädte belegen bei Städterankings regelmäßig die hintersten Plätze.

Doch erstens gilt das nicht stellvertretend für das ganze Ruhrgebiet. Vielerorts „ist es besser,

viel besser, als man glaubt“, wie einst Herbert Grönemeyer über seine Heimatstadt Bochum sang. Die Sonne verstaubt dort bekanntlich schon lange nicht mehr. Und zweitens gibt es schlechtere Lagen und Stadtteile auch in anderen Metropolen – mit dem Unterschied, dass das, was in Berlin ein einzelner Bezirk ist, im Ruhrgebiet eben eine eigenständige Kommune darstellt.

Ein heterogener Ballungsraum erfordert Ortskenntnis

Tatsächlich ist das Ruhrgebiet ein sehr heterogener Ballungsraum – mit besseren und schlechteren Wohnlagen. Ja, es gibt Duisburg-Marxloh. Aber es gibt eben auch die südlichen Stadtteile Essens, der „heimlichen Hauptstadt“ des Ruhrgebiets, die wenig bis gar nichts mit den gängigen Ruhrgebiet-Klischees gemein haben. Dort sind übrigens Mieten und Kaufpreise in den vergangenen Jahren ebenfalls stark gestiegen – von Abwanderung und Leerstand keine Spur.

Das Ruhrgebiet ist nicht München. Wer dort erfolgreich sein will, muss sich die einzelnen Stadtteile genau ansehen und sich auskennen. Aber genau darin liegt auch der Charme. Während in Berlin und anderen A-Städten die Investoren Schlange stehen, um Bestandsimmobilien zum 30-Fachen der jährlichen Nettokaltmiete oder noch teurer zu kaufen, können findige Investoren zwischen Ruhr und Lippe Wohnobjekte in stabilen, durchaus bürgerlichen Stadtteilen entdecken, die zum 15-Fachen der Jahresmiete zu haben sind, ohne dass sich Investoren aus dem In- und Ausland gegenseitig überbieten. Die Ankaufsrenditen liegen somit nicht bei drei, sondern bei sechs bis sieben Prozent.

Das zeigt auch der „Zinshaus-Marktbericht Deutschland 2020/2021“ von Schick Immobilien: Demnach lag 2020 der durchschnittliche Ankaufsfaktor für ein Mehrfamilienhaus in den größten Ruhrgebietsstädten zwischen 11,7 (Gelsenkirchen) und 16,8 (Essen) – Durchschnittswerte wohlgemerkt, die von Stadtteil zu Stadtteil erheblich schwanken können. Zum Vergleich: Berlin und Frankfurt am Main kommen auf Faktoren von 29, München sogar auf 43. Wer also genau hinschaut, sich ein wenig auskennt und sich nicht von Pauschalurteilen blenden lässt, findet „tief im Westen“ Renditeperlen, die man in den A-Städten inzwischen vergeblich sucht.

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