Schlafender Riese Equity-Release

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Von Sabine Nass, CEO, Deutsche Teilkauf

Ein vielversprechender Ansatz für den Immobilienverkauf ist in den USA und Großbritannien längst bekannt und weit verbreitet, in Deutschland hingegen eher selten zu finden: Beim sogenannten Equity-Release geht es darum, das im Wohneigentum gebundene Eigenkapital freizusetzen – sprich, die eigene Immobilie wieder zu Geld zu machen –, allerdings ohne aus dem Haus oder der Wohnung ausziehen zu müssen. In diesem Konzept steckt ein enormes, hierzulande kaum genutztes Potenzial: Gerade mal ein Prozent des auf mehr als 300 Milliarden Euro geschätzten Marktpotenzials in Deutschland wird derzeit gehoben.

Das könnte sich jedoch in den kommenden Jahren ändern. Zum einen werden deutsche Eigenheimbesitzer mit der Zeit einen stetig steigenden Bedarf an solchen Equity-Release-Angeboten haben. Das liegt vor allem am demografischen Wandel. Bis 2036 wird Angaben des Statistischen Bundesamts zufolge ein Großteil der Babyboomer das Renteneintrittsalter erreicht oder überschritten haben: 12,9 Millionen Menschen, von denen viele im Laufe ihres Erwerbslebens Wohneigentum bilden konnten. Darin schlummert ein erhebliches Kundenpotenzial für den Equity-Release-Markt.

Diese Menschen haben ein Leben lang einen Großteil ihres Einkommens in die eigenen vier Wände gesteckt. Nach dem Renteneintritt steht ihnen aber oftmals ein deutlich geringeres Einkommen zur Verfügung. Gleichzeitig ist fast ihr gesamtes Vermögen in der eigenen Immobilie gebunden. Auf wie viele ältere Menschen in Deutschland dies zutrifft, hat die Deutsche Teilkauf im vergangenen Jahr mithilfe einer Umfrage herausgefunden: Demnach sind es rund 3,3 Millionen Haushalte. Nicht allen diesen Menschen fehlt es unbedingt an Geld. So mancher möchte sich vielleicht nur einen lang gehegten Traum erfüllen. Andere haben möglicherweise mit ihren laufenden Kosten zu kämpfen oder möchten finanzielle Mittel freisetzen, um etwa ihr Haus seniorengerecht umzubauen. Wiederum andere möchten gerne Kinder oder Enkel unterstützen.

Doch auch für diejenigen, auf die all das nicht zutrifft, ist Equity-Release interessant. Wer sein Vermögen möglichst diversifiziert anlegen möchte, sollte es nicht in einer einzigen Immobilie gebunden haben. Das gilt gerade auch für Eigenheimbesitzer, die im Laufe ihres Arbeitslebens einen großen Teil ihres Einkommens und ihre ganzen Ersparnisse in die eigenen vier Wände gesteckt haben. Mit Risikostreuung hat das wenig zu tun. Der eine oder andere Babyboomer dürfte daher auch die starken Wertsteigerungen der vergangenen Jahre an den Immobilienmärkten nutzen, um Wertzuwächse bei der eigenen Immobilie zu realisieren und das freigesetzte Kapital in andere Assetklassen zu investieren.

Dem Equity-Release kommt auch zugute, dass es weniger Alternativen als früher gibt, Cash aus Wohneigentum außerhalb des Vollverkaufs zu generieren. So lassen sich die eigenen vier Wände heutzutage kaum mehr mit einer Hypothek beleihen. Seit der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie im März 2016 sind die Kriterien, die Banken und andere Geldgeber bei einer Vergabe von Hypothekendarlehen einhalten müssen, deutlich strenger reguliert. Das trifft vor allem auch ältere Menschen.

Wo Nachfrage ist, gibt es auch Angebot: Es wundert deshalb nicht, dass die Zahl an teils sehr unterschiedlichen Equity-Release-Modellen zugenommen hat, allerdings noch immer auf niedrigem Niveau. Seit es auch Modelle mit transparenten, fest vereinbarten Einmalauszahlungen gibt, ist es nicht mehr notwendig, dabei auf Verrentungsmodelle und somit auf eine „Wette auf den Tod“ zu setzen.

Auch aus Investorensicht sprechen gute Argumente für das Potenzial von Equity-Release-Modellen. Vor allem können Investoren Zugang erhalten zu einer Immobilienklasse, die ansonsten nur schwer investierbar ist: bewohnte Bestands-Einfamilienhäuser – ein Markt, der aufgrund der Kleinteiligkeit und hohen Akquisitionskosten historisch kaum erschlossen werden konnte. Zudem wird dieses begrenzte Gut perspektivisch immer seltener, da immer mehr größere Städte beim Neubau (nahezu) ausschließlich auf Mehrfamilienhäuser setzen.

Dabei gelten solche selbst genutzten und abbezahlten Einfamilienhäuser als sehr resilient gegenüber Marktschwankungen und bringen über ihre Granularität eine hohe Risikostreuung sowie ein attraktives Rendite-Risiko-Profil ins Portfolio. Damit sind sowohl auf Angebots- wie auf Nachfrageseite die besten Voraussetzungen gegeben, dass dieser schlafende Riese langsam aufwacht. Dazu muss vor allem der Bekanntheitsgrad noch gesteigert werden.

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