So schutzbedürftig sind Vermieter gar nicht

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Jürgen Michael Schick, MRICS

Es gibt ein Sprichwort, das in jüngster Zeit in der Immobilienbranche häufig Verwendung findet: „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“ Wer das im Moment hört oder liest, weiß sofort, dass es um die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie für Wohnimmobilienkredite geht. Die ist wirklich gut gemeint, hat sie doch den Schutz des Verbrauchers zum Ziel und will verhindern, dass Privatpersonen Kredite aufnehmen, die sie absehbar nicht bedienen können. Seit die Richtlinie im März in Deutschland in Kraft getreten ist, zeigen sich aber deutlich nachteilige Auswirkungen für Verbraucher und Vermieter. Menschen ab 60 Jahren bekommen plötzlich keine Immobilienkredite mehr, selbst wenn sie über ausreichend Sicherheiten verfügen. Auch für viele junge Menschen ist ein Darlehen mit einem Mal in weite Ferne gerückt und der Traum vom Eigenheim und vom Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge erst einmal geplatzt. War das wirklich so gewollt?

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass ein Kredit nur vergeben werden darf, wenn das Darlehen wahrscheinlich erfülltwird. Durch die Passivformulierung ist es unerheblich, ob dies durch den Kreditnehmer selbst geschieht oder durch seinen Erben, Bürgen oder eine Lebensversicherung. Bei der Umsetzung in deutsches Recht hat die Bundesregierung daraus allerdings eine Aktivformulierung gemacht, wodurch der Darlehensnehmer selbst den Kreditvertrag zu erfüllen hat. Die Banken verstehen das so, dass die Laufzeit des Darlehens kürzer sein muss als die statistische Lebenserwartung – was für Menschen über 60 zum Problem wird. Bei jungen Leuten müssen Banken jetzt die Einkommenssituation der nächsten 30 Jahre beleuchten. Hegt ein junges Paar einen Kinderwunsch, wird der Kredit verweigert, denn mindestens einer der beiden Partner wird womöglich in Elternzeit gehen – Elterngeld aber gilt für die Finanzwirtschaft nicht als Einkommen und findet bei der Berechnung der Kreditwürdigkeit keine Berücksichtigung. Aber auch Vermieter haben mit der deutschen Umsetzung der EU-Richtlinie zu kämpfen. Denn so streng die deutsche Formulierung den Verbraucherschutz fasst, so wenig regelt sie, wer überhaupt als Verbraucher zu gelten hat. Wenn das nicht geklärt ist, fallen auch Besitzer von Mietshäusern unter den Verbraucherschutz, und eine Kreditklemme droht nun nicht nur für selbstgenutzte, sondern zudem für vermietete Immobilien. Mietshaus-Besitzern werden, selbst wenn der ursprüngliche Hauskredit bereits abbezahlt ist, Darlehen für Sanierungen und Modernisierungen versagt, weil sie als Verbraucher behandelt werden und unter die neuen Schutzregelungen fallen. Die Absurdität dieser Praxis zeigt sich schon darin, dass die Regierung damit ihre eigenen Klimaschutzziele torpediert – das kann sie so nicht gewollt haben. Im Mietrecht gibt es die Tendenz, Vermieter dann nicht mehr als Verbraucher zu behandeln, wenn sie mehr als drei Wohnungen besitzen. Das ist ein praktikabler Ansatz, der auch auf die Wohnimmobilienkreditrichtlinie angewendet werden sollte.

Übrigens: Dass es dieser Klarstellung bedarf, liegt daran, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der EU-Richtlinie strenger formuliert hat, als es im Ursprungstext vorgesehen war. Andere Länder haben die EU-Richtlinie wörtlich übernommen und dadurch das Problem von Anfang an vermieden. Dass dagegen ausgerechnet Deutschland einen anderen Weg geht, ist völlig unnötig. Brüssel hat die Richtlinie auf den Weg gebracht, damit sich Situationen wie in Spanien oder Irland vor einigen Jahren nicht wiederholen. In Deutschland war und ist die Situation jedoch eine ganz andere, die Volks- und Raiffeisenbanken beispielsweise sprechen von einer Ausfallquote bei Immobilienkrediten von gerade einmal 0,5 Prozent. Echte Sorge will bei solchen Zahlen nicht aufkommen. Die Bundesregierung sollte daher noch einmal nachbessern. Das wäre dann nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht.

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