Stadtteilporträt Neukölln: Ein Problemkiez wird erwachsen

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„Hipster wird’s nicht – der Neuköllnroman“ ist der Titel eines Buches von Uli Hannemann, der das Leben und die Veränderungen in Berlin-Neukölln beschreibt. Der Ortsteil hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Szeneviertel entwickelt, zu dem sich besonders Künstler und junge Menschen hinzugezogen fühlen. Doch während es für die einen keinen angesagteren Stadtteil in der Hauptstadt gibt, halten die anderen Abstand von Neukölln. Noch vor wenigen Jahren war der Ortsteil das, was man einen Problembezirk nennt – mit einem instabilen sozialen Umfeld, hoher Arbeitslosigkeit und hoher Kriminalität. Mit einem schlechten Image hatte das Gebiet, das wir heute als Neukölln kennen, schon viel früher zu kämpfen. Um 1200 ließen sich die Tempelritter dort nieder. Sie gründeten das Dorf Rixdorf, das 1912 in Neukölln umbenannt wurde. Grund war ein geplanter Imagewandel: Rixdorf war damals der Inbegriff frivoler Unterhaltung und wollte diesen Ruf abstreifen. Der Name Neukölln war an das nördlich gelegene Dorf Cölln angelehnt. Neunzig Jahre später werden nun wieder vereinzelt Stimmen laut, die fordern, aus Neukölln wieder RiNeuköllnxdorf zu machen. Bei Zuzüglern soll sich der Name wieder einbürgern. Offiziell geplant ist ein Namenswechsel für den Ortsteil jedoch nicht – allein die Kosten seien viel zu hoch. Zudem hat sich Neukölln längst zu einer Art Marke entwickelt. Das zeigt sich nicht nur daran, dass zu dem Ortsteil ein Roman verfasst wurde. Das Gebiet nordöstlich des Hermannplatzes, das umgangssprachlich als Kreuzkölln bezeichnet wird, hat sich zum Inbegriff eines Berliner Szeneviertels entwickelt.

Neukölln: Teil eines wirtschaftsstarken Bezirks
Der Stadtteil Neukölln ist der nördlichste und urbanste Teil des Bezirks Neukölln. Der Ortsteil, der zur Abgrenzung zum gleichnamigen Bezirk auch Nord-Neukölln genannt wird, hat jedoch mehr zu bieten als ein „hippes“ Image. Heute hat Neukölln rund 160.000 Einwohner. Es zählt damit zu den größten Ortsteilen Berlins. Knapp doppelt so viele Menschen leben im gesamten Bezirk, der einer der wichtigsten Industriegebiete der Hauptstadt ist. Aufgrund der dichten Bebauung sind Industrieflächen jedoch eher klein gehalten und wechseln sich mit Wohnbauten ab. Traditionelle Branchen wie Elektroindustrie, Fahrzeugtechnik, Maschinenbau und pharmazeutische Industrie finden sich ebenso wie eine ausgeprägte, breit gefächerte Kreativwirtschaft.

Deutschlands größter Hotelkomplex in Neukölln
Mit dem Estrel Berlin verfügt Neukölln über einen Anziehungspunkt für Besucher aus der ganzen Welt: Das Hotel Estrel Berlin ist mit 1.125 Zimmern das größte Hotel der Bundesrepublik.

Hotel Estrel in Neukölln

Bis zum Jahr 2017 sollen zwei weitere Superlative hinzukommen. Durch den Bau eines 176 Meter hohen Hotelturms mit 50 Stockwerken und rund 700 Zimmern wird das Hotel den Titel des höchsten Hotels Deutschlands tragen und zugleich das höchste Gebäude Berlins sein. Ei-gentümer des Hotelkomplexes ist Ekkehard Streletzki. Er errichtete die Herberge in den neunziger Jahren, um den damals explodierenden Berliner Hotelpreisen ein günstigeres Angebot entgegenzu setzen. Der Name des Hotels ist an seinen eigenen Namen angelehnt: Er setzt sich aus dem ersten Buchstaben seines Vornamens und der ersten Silbe seines Nachnamens zusammen.

Urban wohnen in Neukölln
Neukölln Entwicklung der Kaltmiete bis 2014Die Gebäudestruktur in Neukölln ist sehr urban, unterscheidet sich jedoch in den einzelnen Gebieten Neuköllns. So sind die Wohnungen im Reuterkiez ganz im Norden oder im Rollbergkiez südlich des Neuköllner Rathauses kleiner als in den übrigen Gebieten. Die Mieten in Neukölln lagen in den vergangenen Jahren immer unter dem Berliner Durchschnitt. So war das Wohnen dort attraktiv für Studenten, Künstler und junge Berufstätige. Die zunehmende Attraktivität Neuköllns schlägt sich derzeit aber in steigenden Mieten nieder. So sind die Mietpreise für Wohnungen nördlich des S-Bahn-Rings im Jahr 2013 durchweg um über zehn Prozent gestiegen und liegen nun über dem Berliner Durchschnitt von 8,02 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete pro Monat in allen Marktsegmenten.

Im Rollbergkiez, der mit 49 Quadratmetern die im Durchschnitt kleinsten Wohnungen aufweist, sind die Mieten im Vergleich zu 2012 um über 23 Prozent gestiegen. In der Sonnenallee und am Maybachufer werden teilweise Spitzenmieten von mehr als 18 Euro pro Quadratmeter verlangt. Die beiden Quartiere liegen damit in den Top-Ten der Gebiete mit den höchsten Mieten in Berlin. Eine Wohnung für weniger als sechs Euro pro Quadratmeter zu finden, wie es früher möglich war, wird in Neukölln nun immer schwieriger.

High-Deck-Siedlung: Architektonisches Highlight
Architekturbegeisterte finden in Neukölln einige Besonderheiten. Im Südosten von Neukölln entstand in den siebziger und achtziger Jahren im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus die „High-Deck-Siedlung“ nach Plänen von Rainer Oefelein und Bernhard Freund. Ihre Pläne, den Autoverkehr und den Fußgängerverkehr räumlich zu trennen, konnten sie mangels finanzieller Mittel aber nicht vollständig umsetzen. Die Fußgängerwege wurden drei Meter über dem Boden als Brücken angelegt, von denen Stege zu den fünf- bis sechsstöckigen Häusern führen. Sie sollten nicht nur Verbindungen schaffen, sondern durch Bepflanzungen, Brunnen, Sitzgruppen und Spielgeräte auch neue Räume für die Bewohner er-schließen und einen nachbarschaftlichen Austausch fördern. Durch Einschränkungen der Baugenossenschaft kam es aber nur in Teilen zur Umsetzung dieses Konzepts. In den achtziger Jahren wurde die Siedlung erweitert und ausgebaut und bietet seit 2005 nach umfangreichen Sanierungen rund 5.200 Menschen Wohnraum – und offensichtlich sogar mehr als das: Die Mieterfluktuation ist dort im Vergleich zu anderen Vierteln in Neukölln und Berlin sehr gering.

Einzigartiges Angebot an Grünanlagen
Trotz der urbanen Bebauung: Parks und Grünflächen sucht man in Neukölln nicht vergebens. Ein Großteil der Neuköllner Straßenzüge und Innenhöfe ist be-grünt. Zwischen der dichten Bebauung finden sich kleinere Parks und begrünte Plätze. Dabei ist der Westen Neuköllns deutlich grüner als der Osten. Im Nordosten des Stadtteils liegt der Volkspark Hasenheide. Grund für den Namen des Parks ist sei-ne Nutzung als Hasengehege im siebzehnten Jahr-hundert. Auch wenn es heute vermutlich immer noch viele Hasen in dem Park gibt – er bietet vor allem den menschlichen Besuchern eine Vielzahl an Freizeitmöglichkeiten. So gibt es zum Beispiel einen Parcours für Skateboarder, eine Minigolfanlage und im Sommer ein Freilichtkino.

Sport und Freizeit auf dem Tempelhofer Feld
Der Volkspark Hasenheide grenzt im Süden an den ehemaligen Flughafen Tempelhof. Am 30. Oktober 2008 fanden dort die letzten offiziellen Flugbewegungen statt, unter anderem starteten ein „Rosinenbomber“ und zwei Junkers Ju 52. Seit dem 8. Mai 2008 ist das 355 Hektar große Flugfeld der Öffentlichkeit zugänglich und bietet von Spazieren über Grillen, Picknicken oder das Steigenlassen von Drachen vielfältigste Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Am 25. Mai 2014 entschied ein Volksentscheid über die Nachnutzung des Tempelhofer Feldes. Das Ergeb-nis: 64 Prozent der Berliner stimmten für den Erhalt und gegen eine Bebauung unter anderem mit Wohnungen und einer neuen zentralen Landesbibliothek.

Sehr gute Verkehrsanbindung aus und in den Rest von Berlin
Nicht nur nach Rom führen viele Wege – auch Neukölln ist ausgezeichnet an das Verkehrsnetz angeschlossen. Dazu zählt die Sonnenallee. Seit in den neunziger Jahren ein gleichnamiger Film in die Kinos kam, ist sie in ganz Deutschland bekannt. Die knapp fünf Kilometer lange, sechsspurige Sonnenallee ist eine der Einfallstraßen von Berlin. Sie wurde 1880 angelegt, um den Strom der Bevölkerung während der zunehmenden Landflucht aufzunehmen. Heute beginnt sie am Hermannplatz im Nordwesten des Stadtteils und führt durch den gesamten Stadtteil nach Südosten. Die Karl-Marx-Straße verläuft etwas weiter westlich durch Neukölln und ist eine der größ-ten Einkaufsstraßen Berlins.

Neukölln wird von zwei U-Bahn-Linien erschlossen, die den Stadtteil parallel von Nord nach Süd unter-queren. Mit der U-Bahn-Linie 8 sind es nur wenige Stationen bis zum Alexanderplatz. Die U-Bahn-Linie 7 erschließt den Westen Berlins. Das südöstliche Drittel Neuköllns wird durch den S-Bahn-Ring abgetrennt, auf dem bis zu sechs S-Bahn-Linien fahren, und ganz im Süden verläuft der Autobahnzubringer A 113. Durch die Nähe zum Flughafen BER, zum Teltowkanal und zur Autobahn bietet Neukölln schnelle Verbindungen in die Hauptstadt hinein und heraus.

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