Stadtteilporträt Tegel: Die absehbare Auferstehung

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TegelBerlin betrieb bis vor wenigen Jahren noch zwei innerstädtische Flughäfen. Die Schließung des Flughafens Tempelhof 2008 führte zu einer gestiegenen Nachfrage nach Wohnraum und einer verbesserten Lebensqualität im gleichnamigen Stadtbezirk. Die bürgerfreundliche Nachnutzung trägt seinen Teil dazu bei. Der Berliner Senat tat sich mit einem Konzept für das Areal aber lange schwer. Am Flughafen Tegel soll das anders werden: Bereits vor dessen Schließung liegt ein detaillierter Masterplan vor. Er sieht die Rückbesinnung auf Merkmale vor, die den Standort Tegel schon einmal völlig veränderten: Industrie und Forschung.

Tegel im Wandel zur Stadt

Tegel profitierte in seiner Historie schon früh von der bevorzugten Lage am gleichnamigen See und dem damit verbundenen Anschluss an die wichtigen Handelswege Havel und Spree und war einer der Pioniere der deutschen Industrialisierung. Bereits 1836 errichtete Franz Anton Jakob Egells wegen günstiger Baulandpreise und des Wasserzugangs ein Hammerwerk am Tegeler See. Johann Friedrich August Borsig, ein Schüler Egells‘, gründete hier 1898 die Borsigwerke. 1922 entstand in Tegel Berlins erstes Hochhaus: der Borsigturm.

Innerhalb weniger Jahrzehnte wandelte sich Tegel vom Dorf am Rande Berlins zu einem gefragten Arbeits- und Wohnstandort. Mit dem wirtschaftlichen Bedeutungszuwachs kam eine verbesserte Verbindung zu den anderen Teilen Berlins. Auch heute noch profitiert der Standort mit dem Anschluss an das S-Bahn- und U-Bahn-Netz und der nahen Autobahn vom damaligen Aufschwung.

Nach und nach wich die Bebauung Alt-Tegels und des Tegeler Hafens den heutigen Mietshäusern. Die für Berlin typischen Gründerzeitbauten sind weitgehend erhalten. Lediglich elf Prozent des Wohnungsbestandes wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung entstand 1987 am Tegeler Hafen ein Neubaugebiet mit 350 Wohnungen sowie die moderne Humboldt-Bibliothek. Der Berliner Mietspiegel 2011 weist diese Lage als gut aus, die Angebotsmieten sind die höchsten in Tegel. Die Preissteigerung beträgt laut Wohnungsmarktbericht 2012 von JLL über 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zudem profitiert die Wohnlage von der Nähe zum wirtschaftlichen Zentrum Tegels an der Berliner Straße. Neben den guten Wohnlagen nahe am Wasser finden sich in Tegel auch mittlere und einfache Standorte. Der Berliner Mietspiegel von 2011 weist beispielsweise die Gebiete nahe des Flughafens als überwiegend einfache Wohnlagen aus. Mittlere Wohnlagen finden sich vor allem um die Bernauer Straße und im Nordosten Tegels. Hier ist die Bebauung vor allem durch Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Mietshäuser der Zwischenkriegsjahre geprägt. Die Preissteigerung in diesen Lagen liegt laut JLL-Bericht mit 5-10 Prozent etwas unter den Lagen um den Ortskern.

Viel Wald, viel Wasser, wenig Einwohner

Tegel ist mit knapp 34 Quadratkilometern der größte Ortsteil im Bezirk Reinickendorf. Die Bevölkerungsdichte liegt mit rund 1.000 Personen je Quadratkilometer deutlich unter dem Berliner Durchschnitt und weit entfernt von Werten der innerstädtischen Bezirke wie Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg.

Zu diesem günstigen Verhältnis tragen vor allem die ausgedehnten Grün-, Wald- und Wasserflächen bei. Der Tegeler Forst im Norden und Westen sowie die Jungfernheide im Süden umschließen den Tegeler See und den Flughafensee. Letzterer ist bereits heute mit einem Naturreservat sowie einem Badestrand ein beliebtes Ausflugsziel für die Berliner.

Der Tegeler See bietet die urbaneren Erholungsmöglichkeiten. Die Greenwich-Promenade am Ostufer trennt Alt-Tegel vom See und ist seit den Zeiten der Industrialisierungeine beliebte Flaniermeile. Zahlreiche Anlegestellen bieten Flusskreuzfahrten auf den Nordberliner Wasserwegen. Eine Studie der Stadt Berlin zur Grünflächenversorgung attestiert Tegel „einen extrem hohen Grünflächenanteil von über 50 Prozent und eine niedrige Einwohnerdichte“.

Heute Flughafen, morgen Forschungsstandort

Kaum eine Anlage prägt das Image des Stadtteils so wie der „Otto Lilienthal Flughafen“, der im Volksmund einfach „Flughafen Tegel“ genannt wird. Er liegt am Südrand Tegels, der Zubringer der Autobahn gehört noch zum Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Gelände des heutigen Flughafens stand lange unter militärischer Nutzung. Mit der sowjetischen Blockade West-Berlins reichten die Kapazitäten in Tempelhof nicht mehr aus und Tegel wurde dem zivilen Luftverkehr zugänglich gemacht. Seitdem hat sich der „Otto Lilienthal“ zum geschäftigsten Flughafen Berlins entwickelt und fertigte im Jahr 2011 rund 17 Millionen Passagiere ab. Mit Eröffnung des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg International am Südostrand Berlins soll der Flughafen Tegel geschlossen werden.

Paradoxerweise liegen für den Flughafen Tegel bereits vor dessen Schließung detailliertere Pläne vor als für den bereits geschlossenen Flughafen Tempelhof. Der am 6. September 2012 gezeigte Masterplan sieht für die Nachnutzung der 460 Hektar großen Fläche Forschungs-, Industrie- und Gewerbeareale sowie Erholungsflächen vor. Obwohl grundsätzlich möglich, ist eine Wohnbebauung bislang nicht vorgesehen. Der Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller, sieht in diesem Masterplan „eine verbindliche und flexible Grundlage für die Realisierung des Forschungs- und Industrieparks“.

Als Wunschpartner wird im Plan die Beuth Hochschule für Technik genannt, die einen zweiten Standort im heutigen Terminal errichten könnte. Rund um den Forschungsschwerpunkt „urban technologies“ sollen sich sowohl Jungunternehmer als auch etablierte Industriekonzerne ansiedeln. Bestehende Gebäude sollen dabei weiter genutzt werden. Mit 220 Hektar entfällt fast die Hälfte des Areals auf Grün-, Wald- und Wiesenflächen. Ein Radweg soll quer durch den ehemaligen Flughafenbereich bis zum Tegeler See führen.

Aktuell schlägt sich die bevorstehende Schließung des Flughafens noch nicht in den Mietpreisen nieder. Die Mietpreissteigerung fällt laut Immobilienscout mit 4,3 Prozent in Tegel im Vergleich zu Gesamtberlin unterdurchschnittlich aus. Auch die Mietpreise liegen mit 7,10 Euro noch unter dem Berliner Durchschnitt. Durch den wegfallenden Fluglärm ist jedoch mit deutlich steigenden Quoten zu rechnen. Die Preise in den umliegenden Bezirken, vor allem im Osten Spandaus und in Wedding, haben bereits deutlich angezogen. Mittelfristig ist auch in direkt an das Flughafengelände angrenzenden Wohnlagen mit einer Mietpreissteigerung zu rechnen.

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