Zuwanderung weiterhin hoch – Überraschungen auf dem Wohnungsmarkt

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Von Jan Grade, CEO und Research Analyst, empirica regio GmbH

2,2 Millionen Menschen – so hoch war die Nettozuwanderung in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland. 2023 haben wir mit 660.000 Menschen den dritthöchsten Wanderungssaldo seit 1992 verzeichnet. Dieser Bevölkerungszuwachs hat erhebliche Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Städte und Regionen müssen sich deshalb auf eine veränderte Nachfrage einstellen. Aber Vorsicht: Nicht alle Regionen sind betroffen. Es gilt, genau zu differenzieren.

Zuwanderungsregionen müssen auf die steigende Wohnraumnachfrage reagieren, während andere Regionen steigenden Leerstand und sinkende Immobilienpreise verzeichnen. In Großstädten und ihrem Umland ist die hohe Nachfrage besonders deutlich spürbar. Wichtig ist zudem, nicht nur auf die Zuwanderungszahlen aus dem Ausland zu schauen, sondern auch die Binnenwanderung als Faktor zu berücksichtigen. Denn hohe Wohnkosten führen dazu, dass Menschen immer längere Pendelstrecken in Kauf nehmen.

Eine Metropole verzeichnet Abwanderungsüberschuss
Das bestätigt ausgerechnet die bayerische Landeshauptstadt. Von den Top-7-Städten ist München die einzige mit einem negativen Wanderungssaldo. Das bedeutet, dass mehr Menschen weg- als zuziehen. Besonders auffällig ist dabei: der Rückgang der Außenwanderung. 2022 kamen noch rund 36.800 Menschen nach München, 2023 waren es mit rund 9.600 nur noch etwa ein Viertel. Gleichzeitig setzt sich die negative Binnenwanderung fort – knapp 14.800 Menschen sind innerhalb Deutschlands aus München verzogen. Anzumerken ist, dass es in der Stadt München Registerbereinigung gab, sodass der Saldo schwankt, obwohl München nach wie vor wächst. Dadurch entsteht eine negative Bilanz.

Außerdem hat die Zuwanderung von Berufseinsteigern abgenommen. Damit fällt ein künftiger Wachstumsmotor teilweise aus. Grund dafür sind Wohnungsknappheit und zu hohe Mietpreise, sie erschweren den Zugang zum Wohnungsmarkt. Dadurch wächst die Bereitschaft zum Pendeln, wovon wiederum das Umland profitiert. Setzt sich dieser Trend zur Suburbanisierung weiter fort, wird das wiederum Einfluss auf die Preise in München und im Umland haben.

Berlin bleibt anziehend
Ganz anders sieht die Entwicklung in Berlin aus. Dort ist die Zuwanderung besonders hoch. Ohne die starke Außenzuwanderung von knapp 50.000 Menschen wäre die Berliner Bilanz allerdings ebenfalls negativ gewesen. Denn auch aus der Bundeshauptstadt wandern viele Menschen in unmittelbar angrenzende Landkreise und nach Potsdam ab, knapp 15.500 Personen betrug der Wanderungssaldo 2023. Beides, Zu- und Abwanderung, wird die Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. Ein vergleichbares Bild lässt sich für Hamburg ermitteln, das ebenfalls eine starke Außenwanderung verzeichnet.

Landkreise weiterhin herausgefordert
In vielen Landkreisen sieht die Lage düster aus, besonders in strukturschwachen Regionen. Laut Daten von empirica regio sind im vergangenen Jahr 85 Landkreise und kreisfreie Städte geschrumpft. Oft sterben mehr Menschen, als geboren werden, und Wanderungen gleichen das nicht aus. Für viele dieser Regionen wird daher eine schwierige Zukunft prognostiziert. Doch es gibt positive Gegenbeispiele, beispielsweise der strategisch gut gelegene Landkreis Wesel in Nordrhein-Westfalen. Am unteren Niederrhein und am Nordwestrand des Ruhrgebiets, quasi angrenzend an zwei Metropolen, konnte der Kreis mit einem Zuzug von 3.805 Personen die stärkste Binnenzuwanderung aller Landkreise verzeichnen. Auch ländliche Gebiete können also von der Abwanderung aus den Städten profitieren. Im Gegensatz dazu kämpft der Landkreis Heidekreis in der Lüneburger Heide weiterhin mit einer schrumpfenden Bevölkerung. Auch wenn die Rate zurückgegangen ist, setzt der Kreis den Schrumpfungspfad fort und verlor im vergangenen Jahr 1.299 Personen.

Wie geht es weiter?
Die wachsende Suburbanisierung und die Verlagerung der Wohnraumnachfrage ins Umland werden den Immobilienmarkt langfristig verändern. Vororte und ländliche Regionen gewinnen an Bedeutung, während die Abwanderung die Kernstädte leicht entlasten könnte. Gleichzeitig bleibt die Auslandszuwanderung ein zentraler Wachstumsfaktor in den Top-7-Städten, was den Druck auf bezahlbaren Wohnraum hoch hält. Regionale Unterschiede sind entscheidend: Manche ländlichen Gebiete profitieren von der Binnenwanderung, andere kämpfen weiterhin mit Abwanderung. Investoren und Stadtplaner sollten diese Trends bei ihren Entscheidungen genaustens unter die Lupe nehmen.

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