Markt im Umbruch – Zeit für Chancen

Guides / Eigentümer

Gastbeitrag von Jürgen Michael Schick im Financial Planning Magazin

Krise oder Chance? Wie die derzeitigen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt in Deutschland beurteilt werden, hängt vom Mindset und der persönlichen Risikobeurteilung ab. Mit Blick auf den Wohnimmobilienmarkt für Bestandsobjekte scheint vor allem eine Antwort gültig.

Der Markt für Wohnimmobilien in Deutschland ist im Umbruch, so eine gängige These, meist formuliert von Medien und Analysten. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Veränderung, Krise, Schrumpfung oder Wachstum? Und: Ist diese Veränderung auf dem Immobilienmarkt Anlass zur Sorge oder bietet sich vielmehr für Anleger auch endlich die lang ersehnte Gelegenheit zum Einstieg beziehungsweise Wiedereinstieg? Um diese Fragen zu beantworten, lohnt ein Blick sowohl auf die Entwicklungen in den vergangenen zehn Jahren, aber auch auf die Dynamiken der jüngsten Zeit.

Zunächst ein Blick zurück: Seit Anfang der 2010er-Jahre kannten die Preise am deutschen Immobilienmarkt – vor allem dem für Wohnimmobilien – nur eine Richtung: Es ging steil bergauf. Doch spätestens seit der Zinswende glaubt man die Branche in einer Krise, und Schlagzeilen befeuern das. Fakt ist aber: Mit Blick beispielsweise auf den Wohnimmobilienmarkt in der deutschen Hauptstadt ist diese These so pauschal nicht zu halten. Bereits im vergangenen Jahr sprachen die Zahlen eine andere Sprache. Von Immobilienkrise, fallenden Preisen und einem müden Transaktionsmarkt konnte in Berlin keine Rede mehr sein, legte der Markt für Wohn- und Geschäftshäuser 2023 doch einen starken Jahresendspurt hin. So war die Zahl der Kauffälle im vierten Quartal 2023 um rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorquartal auf 184 gestiegen (Q3/2023: 142). Im ersten Quartal 2023 waren es nur 106 Kauffälle gewesen. Der Berliner Markt steht dabei übrigens durchaus als pars pro toto für den gesamten deutschen Wohnimmobilienmarkt, macht er doch einen erheblichen Anteil des Gesamtmarkts aus.

Gesunde Entwicklungen auf dem Markt für Mehrfamilienhäuser

Vor allem beim Umsatz legte der Markt für Mehrfamilienhäuser ungewöhnlich stark zu. In Berlin erreichte dieser im vierten Quartal mit 1,1977 Milliarden Euro den höchsten Wert seit zwei Jahren, was im Vergleich zum vierten Quartal 2022 einer Steigerung von rund 48 Prozent entspricht. Verglichen mit dem dritten Quartal 2023 ist der Umsatz sogar um rund 120 Prozent gewachsen.

Auch neueste Zahlen, die aus dem „Zinshausmarktbericht Berlin“ von Michael Schick Immobilien für das erste Quartal 2024 hervorgehen, deuten darauf hin, dass der Mehrfamilienhausmarkt in der deutschen Hauptstadt eine gesunde Basis gefunden hat. Im ersten Quartal 2024 dieses Jahres wurden 116 Kauffälle von Zinshäusern in Berlin verzeichnet. Das stellt einerseits einen deutlichen Rückgang von rund 44 Prozent gegenüber dem erwähnten starken Vorquartal dar. Verglichen mit dem Vorjahresquartal, das 108 Kauffälle aufwies, ist allerdings ein Anstieg um rund 7 Prozent zu beobachten.

Noch deutlicher wird der Trend bei Betrachtung der reinen Umsatzzahlen: Im ersten Quartal 2024 betrug der Umsatz mit Mehrfamilienhäusern in Berlin 832,6 Millionen Euro, was nach dem Rekordwert von 1.285,5 Millionen Euro im Vorquartal ein weiteres starkes Quartal bedeutet. Gegenüber dem Vorjahresquartal hat sich das Transaktionsvolumen im ersten Quartal 2024 mehr als verdoppelt. Der Geldumsatz steigerte sich deutlich um rund 114 Prozent. Das stellt die zweite Steigerung in Folge dar und weist deutlich auf die Wiederbelebung des Markts hin.

Neubau in der Krise

Sorgenkind des Wohnimmobilienmarkts bleibt aber der Neubau. Die folgende Zahl hat innerhalb und außerhalb der Branche für Aufregung gesorgt: 2023 ist lediglich der Bau von rund 260.000 Wohnungen genehmigt worden – das waren 26,6 Prozent oder 94.100 Wohnungen weniger als im Vorjahr. Niedriger war die Zahl zuletzt im Jahr 2012 mit damals 241.100 Wohnungen. Für das laufende Jahr und für 2025 wird mit weiter sinkenden Baugenehmigungszahlen gerechnet – und das vor dem Hintergrund der Zielmarke von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, die von der aktuellen Bundesregierung benannt wurde, um die steigende Nachfrage nach Wohnraum zu decken.

Für Investoren und private Kapitalanleger ist diese steigende Nachfrage indes eine gute Nachricht. Denn klar ist: Die Nachfrage nach Wohnraum im Bestand wird auch in den kommenden Jahren nachhaltig und stabil hoch bleiben – dies gilt insbesondere für die großen Metropolen, die den Zuzug nach Deutschland am stärksten zu spüren bekommen. Ebenfalls wichtig für Investoren, die an der Anlage in Bestandsimmobilien interessiert sind, ist, dass der Markt aufgrund der Entwicklungen überhaupt wieder ein Angebot darbietet. Anleger haben wieder eine Wahl – auch das ein wichtiges Kennzeichen für einen gesunden Aufschwung.

An dieser Stelle wird deutlich, dass der Umbruchmarkt in Deutschland sich kurz- und langfristig zu einem Chancenmarkt für optimistische Anleger mit stabilen und steigenden Renditen entwickeln wird. Ein aktueller Blick auf die Mietentwicklung in Berlin verrät, warum das so ist. Im ersten Quartal 2024 betrugen die durchschnittlichen Angebotsmietpreise pro Quadratmeter für Bestandswohnungen rund 15,00 Euro und für Neubauwohnungen rund 21,50 Euro. Verglichen mit dem Vorquartal stiegen die Mietpreise für Bestandswohnungen um rund 7 Prozent und für Neubauwohnungen um rund 4 Prozent. Seit dem Vorjahresquartal 2023 erhöhten sich die Neuvermietungspreise für Bestandswohnungen um rund 19 Prozent und für Neubauwohnungen um rund 16 Prozent.

Schere zwischen Kaufpreisen und Mieten

Wenn auch die Steigerungen in Berlin in den vergangenen Monaten besonders deutlich ausgefallen sind, kann man konstatieren, dass die Mietpreise auch in vielen anderen Städten gestiegen sind. Damit hat sich auch die Schere zwischen Kaufpreisen und Mieten auffallend schnell geschlossen. Während in den vergangenen Jahren die Preise für Mehrfamilienhäuser und Eigenheime kontinuierlich gestiegen sind, stagnierten die Mietpreise. Diese Entwicklung hat sich zunehmend verlangsamt, auf manchen Märkten sogar umgekehrt.

Ein weiterer Grund, das jetzige Zeitfenster für einen guten Einstieg oder Wiedereinstieg zu halten: die sinkenden Baufinanzierungkosten. Vor allem Ende des Jahres 2023 waren die Zinsen deutlich gesunken. Seitdem sind sie zum Teil wieder etwas gestiegen, liegen aber immer noch weit niedriger als im Herbst 2023.  Für die kommenden Monate rechnen Analysten nicht mehr mit einem großen Anstieg, wobei eine leichte Volatilität nicht ausgeschlossen werden kann. Eher überwiegt die Erwartung erster Zinssenkungen durch die EZB. Unterm Strich gilt: Der Zenit bei den Zinsen ist überschritten, was sich bereits auch bei den Baufinanzierungskosten niedergeschlagen hat.

Kritisch sehen viele Anleger und Eigentümer hingegen die Aufgaben, die im Zuge regulatorischer Maßnahmen insbesondere bei der energetischen Sanierung auf sie zukommen werden. Im Zentrum der Sorgen stehen dabei nicht nur die zukünftigen möglichen Mehrkosten, sondern auch ganz praktische Herausforderungen: Welche – zum Teil spezifischen – Förderprogramme greifen, welche Fristen müssen eingehalten werden, welche juristischen Notwendigkeiten gibt es und wie kann man der Flut an Dokumenten Herr werden?

Umfassende Kostenanalyse bei energetischer Sanierung

Deshalb gilt: Voraussetzung für sinnvolle Schritte ist, sich regelmäßig über neue Gesetzesänderungen und Förderrichtlinien zu informieren. Darüber hinaus empfiehlt sich, einen individuellen Sanierungsfahrplan auf Basis einer professionellen Energieberatung erstellen zu lassen. Dieser sollte jedoch flexible Anpassungen an neue Technologien und Materialien ermöglichen, die den jeweils aktuellen gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Darauf aufbauend kann dann entschieden werden, ob sich eine energetische Sanierung oder Einzelmaßnahmen überhaupt lohnen. Diese Analyse sollte eine umfassende Kostenkalkulation, die zu erwartende Energieeinsparung und die Amortisationszeit der Investition beinhalten. Sanierungsmaßnahmen, die eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz mit vertretbaren Kosten verbinden und gleichzeitig den Wert der Immobilie steigern, lohnen sich. Die Inanspruchnahme von Fördermitteln kann zusätzlich eine entscheidende Rolle spielen.

Mein Fazit: Ob nun der derzeitige Umbruch auf dem Immobilienmarkt als Krise oder Chance wahrgenommen wird, hängt vom Mindset ab. Beim Neubau freilich gelten andere Gesetze und hier ist ein Ende der Krise nicht absehbar. Betrachtet man aber die derzeitigen Entwicklungen aus der Vogelperspektive wird schnell klar: Viele Investoren sehen den Bestandsimmobilienmarkt wieder als Chancenmarkt. Günstige Preise, viele Angebote, eine hohe Nachfrage auf Nutzerseite und absehbar nicht mehr steigende Zinsen hellen das Klima auf. Die bereits stark steigenden Mieten sind Vorboten einer neuen Zeit.

Viele verstehen das und nutzen die neuen Chancen im Markt.

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