Was passiert mit dem Mehrfamilienhaus im Erbfall?

Guides / Eigentümer

In Deutschland werden jedes Jahr große Vermögen vererbt. Fast jedes zweite Erbe enthält eine Immobilie. Wurde das Erbe nicht schon frühzeitig geregelt, stehen Erben häufig vor der Frage, was mit der Immobilie geschehen soll. Ist diese Frage beim Erbe eines Einfamilienhauses oft schon nicht einfach zu beantworten, wird es bei einem Mehrfamilienhaus in der Regel noch komplizierter. Gibt es dazu mehr als einen Erben, verkompliziert dies die Sache weiter. Welche Rechte und Pflichten kommen auf die Erben zu?

Eine Immobilie lässt sich im Gegensatz zu Geld oder Aktien nicht so leicht aufteilen. Wurde das Erbe schon frühzeitig geregelt – beispielsweise durch ein Testament oder durch ein Vorerbe –, ist die Lage einfacher. Gibt es kein Testament, entscheidet die gesetzliche Erbfolge, wem ein Teil zusteht. Gibt es mehrere Erben, bilden diese fast zwangsläufig eine Erbengemeinschaft.

„In der Regel wünschen sich Erbengemeinschaften eine schnelle Lösung. Denn häufig entstehen bei einer Immobilie erst einmal Kosten: Versicherungen, Steuern, Hypothek, Betriebs- sowie Verwaltungskosten. Da alle Erben der Erbengemeinschaft die gleichen Rechte und Pflichten haben, müssen sich auch alle damit beschäftigen. Schwierig wird es, wenn einer der Erben dafür nicht aufkommen kann, und die anderen Erben dafür vielleicht einstehen müssen“, sagt Jürgen Michael Schick, Inhaber von SCHICK IMMOBILIEN GmbH & Co. KG und Präsident des Immobilienverbandes IVD.

Ein wichtiger Kostenfaktor bei einer Erbschaft kann die Erbschaftsteuer sein. Wie viel Erbschaftsteuer anfällt, hängt davon ab, wie viel die Immobilie wert ist, in welchem Verwandtschaftsverhältnis die Erben zum Erblasser gestanden haben und wie die Immobilie genutzt wird. Bei der Weitergabe einer Immobilie durch Erbschaft an die nächste Generation haben Kinder den höchsten Steuerfreibetrag. Dieser beträgt 400.000 Euro. Diesen Freibetrag kann also jeder der Erben bei der Berechnung der Erbschaftssteuer von seinem Erbteil abziehen. Der Rest muss versteuert werden. Ist die Immobilie weniger wert, muss keine Steuer bezahlt werden. Deshalb ist es ratsam, den Wert der Immobilie professionell ermitteln zu lassen.

Was dann mit der Immobilie geschehen soll, ist für Erben oft eine schwierige Frage. Die Erben können diese nur gemeinsam beantworten. Sind sie sich uneinig, droht eine Teilungsversteigerung. Jeder Erbe kann diese beim Gericht beantragen. Denn das Interesse an einer sofortigen Verwertung – also dem Verkauf der Immobilie – hat rechtlich gesehen Vorrang vor den übrigen Interessen der Miterben.

Eine Teilungsversteigerung möchten die meisten Erben vermeiden. Denn das Gericht legt einen Verkehrswert fest. In der Teilungsversteigerung gelten für ein Mindestgebot aber besondere Regelungen, so dass dieses Mindestgebot auch bei nur 70% des Verkehrswertes oder sogar noch darunter liegen kann. Der Erlös könnte abhängig von den Geboten bei der Versteigerung also wesentlich geringer ausfallen als bei einem Verkauf. Eine solche Versteigerung stellt für Erben dementsprechend ein Risiko dar. Das Ergebnis einer Versteigerung ist meistens unkalkulierbar.

Entscheiden sich die Erben dafür, die Immobilie im Bestand zu behalten und zu vermieten, sieht der Gesetzeber eine „ordnungsgemäße Verwaltung“ vor. Damit sind alle Maßnahmen gemeint, die zur Erhaltung, Nutzung oder Mehrung des Nachlasses dienen. Da die Erben die gleichen Rechte und Pflichten tragen, müssen sie es gemeinsam verwalten. Besitzt keiner der Erben Erfahrung in der Verwaltung eines Mehrfamilienhauses, raten Immobilienexperten dazu, einen externen Verwalter damit zu beauftragen. Allerdings kann die Erbengemeinschaft auch einen der Miterben mit der Verwaltung beauftragen. Dieser kann jedoch für seine Tätigkeit nicht immer eine Vergütung verlangen. Die Erbengemeinschaft müsste hierfür schriftlich eine Vergütungsregelung treffen.

Häufig entscheiden sich Erbengemeinschaften für den Verkauf. In diesem Fall müssen sich die Erben aber einig sein. Denn sie müssen die ganze Immobilie verkaufen, da ein einzelner Teil einer Immobilie nicht verkauft werden kann. Immer wieder kommt es aber vor, dass einzelne Erbanteile an einer Immobilie verkauft werden. Dies erfordert sehr umsichtige Regelungen in einem Kaufvertrag. Es  kann entweder an einen Miterben oder an einen außenstehenden Dritten verkauft werden. Bevor an einen außenstehenden Dritten verkauft werden kann, steht den Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu.

Sie haben eine Immobilie geerbt und wissen nicht, wie Sie mit der Immobilie nun am besten vorgehen sollen? Kontaktieren Sie uns jetzt. Wir beraten Sie gerne.

Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten – wie es jetzt weitergeht
Käufer
Für Investoren von Mehrfamilienhäusern in Milieuschutzgebieten war es im Herbst letzten Jahres eine gute Nachricht: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte am 9. November 2021 ein...
mehr...

19. Juli 2022
Steigende Zinsen, Inflation, Marktwende – was bedeutet das für mein Immobilieninvestment?
Eigentümer
„Der aktuelle Zyklus am Immobilienmarkt wird 2024 enden.“ Mit dieser Aussage sorgte der Analyst von Deutsche Bank Research Jochen Möbert für mediales Aufsehen. Inzwischen...
mehr...

18. Juli 2022
Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf den deutschen Immobilienmarkt
Eigentümer
Der Krieg in der Ukraine ist vor allem eine humanitäre Krise. Die Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft sind dagegen zweitrangig. Dennoch interessiert die meisten...
mehr...

28. April 2022