Berlin-Tempelhof – Mehr als nur ein Flughafen
Wer von Tempelhof hört, der denkt zuerst an den Flughafen, der den Ortsteil prägt. Aber Tempelhof bietet mehr als nur den größten Stadtpark Berlins. Mit 355 Hektar ist das Tempelhofer Feld zwar eine beeindruckende Grünfläche, aber der Ortsteil bietet auch viele interessante Ecken. Vor allem seine Nähe zum Zentrum zeichnet ihn aus, und auch seine vielseitige städtebauliche Gestaltung und Architektur machen ihn sehenswert. Der Ortsteil steht darüber hinaus nicht allein da, vielmehr bildet er zusammen mit Schöneberg seit 2001 den gleichnamigen Bezirk im Süden Berlins.
Tempelhofer Feld und Flughafen Tempelhof
Im 18. Jahrhundert wurde das Tempelhofer Feld als Exerzier- und Paradeplatz genutzt. Später war es Schauplatz der Luftfahrt. Orville Wright, einer der wohl berühmtesten amerikanischen Flugpioniere, stellte hier 1909 mit 172 Metern einen Weltrekord im Höhenflug auf. In seiner eigentlichen Funktion war der Flughafen ab 1927 in Betrieb und verfügte als der erste Flughafen weltweit über einen U-Bahn-Anschluss. Seine Kapazitäten waren jedoch rasch ausgereizt, denn das Verkehrsaufkommen in Berlin übertraf bald das von Paris, Amsterdam oder London. 1934 schließlich wurde der Architekt Ernst Sagebiel mit der Planung eines Neubaus beauftragt, der die monumentale Architektur des Nationalsozialismus mit den zukünftigen Ansprüchen an die Luftfahrt vereinen sollte. Von 1936 bis 1941 gebaut, war er mit einer Bruttogeschossfläche von 307.000 Quadratmetern das flächengrößte Gebäude der Welt, bis zwei Jahre später das Pentagon in Arlington, Virginia fertiggestellt wurde. 2008 wurde der Flughafen endgültig stillgelegt und seit 2010 befindet sich auf dem ehemaligen Flugfeld der Tempelhofer Park. Das Gebäude selbst wird teilweise für Büros und Gewerbe genutzt, ein Gesamtkonzept gibt es bis jetzt allerdings noch nicht.
Tempelhofer Hafen
Eine tragende Rolle spielte der Flughafen Tempelhof während der Blockade Berlins 1948/49, als West-Berlin von den Alliierten aus der Luft versorgt wurde. Als Knotenpunkt diente hierbei auch der Tempelhofer Hafen, über den Kohle, Lebensmittel und andere Güter in der Stadt verteilt wurden. Der Tempelhofer Hafen liegt heute westlich eines Gewerbegebietes. Ab 2007 wurden das Hafengelände und die Lagerhäuser saniert und das Einkaufszentrum Tempelhofer Hafen errichtet, das 2009 eröffnete. Direkt gegenüber, am anderen Ufer des Teltowkanals, liegt das Ullsteinhaus. Es wurde von Eugen Schmohl entworfen, der unter anderem auch den Borsigturm in Tegel geplant hat. Das Gebäude wurde in Stahlbetonskelettbauweise errichtet und ist mit Klinkern verblendet. Zwischenzeitlich druckte der Axel-Springer-Verlag seine Zeitungen in dem Gebäudekomplex, der heute von unterschiedlichen Dienstleistern und Gewerben genutzt wird. Ganz in der Nähe liegt die U-Bahnstation Ullsteinstraße der Linie 6. Von hier aus sind es 15 Minuten Fahrzeit zum Gendarmenmarkt und nur wenige Minuten mehr zum Bahnhof Friedrichstraße. Der Ortsteil wird in Ost-West-Richtung sowohl von der Autobahn A100 als auch von der S-Bahn durchquert, die den Bahnhof Tempelhof mit den Linien S45 und S46 sowie den Ringbahnlinien S41 und S42 anfährt.
Architektur in Tempelhof
Während der ehemalige Flughafen den Nord-Osten des Ortsteils einnimmt und der südöstliche Teil durch Gewerbe und Industrie geprägt ist, findet sich ganz im Osten des Ortsteils ein Gartendenkmal. Die Bärensiedlung, die von Gustav Hochhaus geplant und von 1929 bis 1931 erbaut wurde, beherbergt über 900 Wohnungen, die an den Außenseiten in einem Block erbaut wurden und durch vier Eingänge den Zugang zu den Grünanlagen gewähren. Im Nord-Westen liegt mit 16.000 Wohnungen das seinerzeit größte Bauprojekt, das 1911 im Deutschen Reich begonnen wurde und mit Unterbrechungen 1960 fertiggestellt wurde. Neu-Tempelhof, das auch als das Fliegerviertel bezeichnet wird, weist dabei Blockrandbebauung, Wohngebäude im Stil einer Gartensiedlung, Siedlungsbau der 1920er bis 30er Jahre sowie Großsiedlungen der 50er und 60er Jahre auf. Südlich des S-Bahnrings liegt Alt-Tempelhof. Die Dorfkirche ist bis heute erhalten und war im 13. Jahrhundert Teil einer Komturei, einer Art Wirtschaftshof, die um 1200 von den Tempelrittern auf dem Teltow gegründet wurde. Auch der Verlauf der Dorfstraße mit ihrem Dorfanger ist noch zu erkennen. In der nordwestlichen Ecke von Tempelhof findet sich ein weiteres Zeugnis der Architektur des Nationalsozialismus. Der Architekt Albert Speer, der mit der Planung der „Welthauptstadt Germania“ beauftragt war, konstruierte einen Schwerlastkörper, um die Auswirkungen eines geplanten riesigen Triumphbogens auf den Untergrund zu simulieren. Da der 12.500 Tonnen schwere Zylinder aus Beton und Stahlbeton zwischen Wohngebieten und S-Bahntrasse lag, wurde er nach Kriegsende nicht gesprengt, sondern ist bis heute erhalten.
Unterschiedliche Mietniveaus
Aufgrund der unterschiedlichen Bebauung gibt es bei den Mieten in Tempelhof teilweise deutliche Unterschiede innerhalb der Gebiete und Marktsegmente. Insgesamt liegen die Mieten jedoch unter dem Berliner Schnitt. Im Gebiet Tempelhof-Ost, südlich des Tempelhofer Feldes, beträgt die Miete im Schnitt 7,80 Euro pro Quadratmeter. Im günstigen Segment sind es 5,55 Euro pro Quadratmeter, was nur knapp über dem Berliner Durchschnitt liegt (5,50 Euro pro Quadratmeter), im teuren Segment sind 12,86 Euro pro Quadratmeter zu zahlen. In Tempelhof-Schöneberg und Berlin werden hier im Schnitt 14,49 bzw. 15,05 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Tempelhof-Nord und Alt-Tempelhof liegen gleichauf bei 8,04 bzw. 8,03 Euro pro Quadratmeter und damit unter den Werten des Bezirks (8,47 Euro pro Quadratmeter) und der Stadt (8,55 Euro pro Quadratmeter). Im unteren Marktsegment ist es in Alt-Tempelhof knapp 50 Cent teurer als in Tempelhof-Nord (6,00 Euro pro Quadratmeter). Im oberen Marktsegment gehen die Werte weiter auseinander und liegen unter und über dem Bezirksschnitt von 14,49 Euro pro Quadratmeter und dem Berliner Durchschnitt von 15,05 Euro pro Quadratmeter. Während außerhalb des S-Bahnrings in Alt-Tempelhof 13,64 Euro pro Quadratmeter zu zahlen sind, werden nördlich des S-Bahnrings in Tempelhof-Nord bis zu 16,25 Euro pro Quadratmeter fällig, was in etwa dem Niveau im angrenzenden Schöneberg entspricht.
Kleine preiswerte Wohnungen
In Tempelhof-Nord sind die Wohnungen mit 60 Quadratmetern Größe rund zwölf Quadratmeter kleiner als im Bezirksdurchschnitt, denn im Siedlungsbau der 1920er und 30er Jahre entstanden vergleichsweise kleine Wohnungen. Die Wohnungen im restlichen Ortsteil sind kaum größer. In Alt-Tempelhof und Tempelhof-Ost sind sie im Schnitt 62 bzw. 63 Quadratmeter groß und liegen sowohl unter dem Bezirksdurchschnitt von 72 Quadratmetern als auch dem Berliner Durchschnitt von 71 Quadratmetern. Eine geringere Wohnfläche bedeutet jedoch auch geringere Wohnkosten. Hier kann Tempelhof gegenüber dem nahegelegenen Schöneberg punkten. Im Schnitt rund 647 Euro pro Monat muss aufwenden, wer in Tempelhof-Nord wohnt. Weiter südöstlich in Tempelhof-Ost sind 671 Euro pro Monat zu zahlen, in Alt-Tempelhof noch einmal fünf Euro mehr. Der Blick auf die Mietentwicklung zeigt, dass sich Tempelhof laut Wohnmarktreport zuletzt um einiges dynamischer entwickelt hat als Schöneberg. Dort sind die Mieten im Vergleich zum letzten Jahr weniger deutlich gestiegen. Dennoch liegen alle drei erwähnten Tempelhofer Gebiete aktuell unter dem Bezirksmittel (810 Euro pro Monat) und dem stadtweiten Mittel (780 Euro pro Monat).